Der vergessene Rücken Der vergessene Rücken: Autositze sind nicht immer optimal
Selsingen/Rüsselsheim/dpa. - Dem Autositz werden immer neue Extras eingebaut, er wird mit Leder und edlen Stoffen bezogen. Doch im Hinblick auf gesundes Sitzen ist der ständige Aufenthaltsort der Fahrzeuginsassen oft alles andere als optimal. «Im Bereich der Standard-Sitze erfüllen bestimmt 97 Prozent nicht unsere Anforderungen», sagt Detlef Detjen, Direktoriumsmitglied der Aktion Gesunder Rücken (AGR) in Selsingen (Niedersachsen).
Der AGR zufolge verbringen etwa 40 Prozent der deutschen Autofahrer täglich mehr als 1,5 Stunden im Wagen: Gerade diese Gruppe ist überdurchschnittlich häufig von Rückenbeschwerden geplagt. Die Probleme tauchen allerdings nicht sofort auf. «Man hat nicht von heute auf morgen Rückenschmerzen», sagt Detjen.
Vielmehr führen falsche Konstruktionen zusammen mit dem typischen Sitzverhalten auf Dauer zu den Problemen. Technisch ist die Konstruktion eines rückengerechten Sitzes den Angaben zufolge gar nicht so schwierig. Aber: «Die Hersteller haben andere Dinge bei der Entwicklung der Autos in den Vordergrund gestellt. Auch in Autotests kommt der Sitzkomfort recht selten vor», sagt Detjen.
Grundsätzlich sollte laut der AGR die Sitzfläche so lang sein, dass fast der gesamte Oberschenkel aufliegen kann. Wichtig ist auch eine Abstützung im Beckenbereich, damit der Sitzende nicht gleich «in den Rundrücken fällt».
Mittlerweile unternehmen aber auch einige Autohersteller stärkere Bemühungen, ihre Sitze besser auf die Wirbelsäulen der Insassen abzustimmen. So erhielt im Sommer 2001 Audi als erster Hersteller das «Gütesiegel für rückengerechte Produkte» der AGR für einen Sportsitz. Im Dezember 2002 gab Volkswagen bekannt, der Phaeton habe als erstes Auto das Gütesiegel für die komplette Sitzgarnitur der viersitzigen Version erhalten. «In dieser Version hat der Phaeton auch hinten Einzelsitze», sagt VW-Sprecher Hartmuth Hoffmann in Wolfsburg. «Die Anforderungen lassen sich auf Einzelsitzen besser umsetzen.»
Opel in Rüsselsheim hat jüngst von der AGR eine neue Sitzgeneration prüfen lassen - die auch gleich das Gütesiegel bekam und im Laufe des Jahres für den Vectra und den neuen Signum erhältlich sein soll. «Bei diesen neuen Sitzen wurde auch besonderer Wert auf gute Bedienbarkeit gelegt», sagt Opel-Sprecher Manfred Daun.
Dies zeige sich zum Beispiel bei der Lordosenstütze (Lordose: Krümmung der Wirbelsäule in Hals- und Lendenwirbelbereich), die sich nun über ein System mit einem großen Drehschalter bedienen lasse. «Außerdem kann in das Sitzkissen Luft eingeblasen werden, die dann im Rückenbereich wieder abgesaugt wird, das vermindert das Schwitzen.»
Doch selbst wer den perfekten Sitz im Auto hat, sitzt damit nicht automatisch optimal. Ebenso wichtig wie die Konstruktion des Sitzes ist auch seine Einstellung für die richtige Sitzposition. Um diese zu finden, rät der Sitzhersteller Recaro in Kirchheim/Teck dazu, sich so hinzusetzen, dass das Gesäß möglichst nah an die Sitzlehne gerückt ist. Der Sitzabstand zu den Pedalen ist dann so einzustellen, dass die Beine bei durchgetretenen Pedalen leicht angewinkelt sind. Die Rückenlehne wiederum ist so auszurichten, dass das Lenkrad mit leicht angewinkelten Armen gut zu erreichen ist - die Schultern sollten so dicht wie möglich an der Sitzlehne sein.
Bei der Sitzhöheneinstellung gilt laut Recaro die Regel «so hoch wie möglich» - dadurch hat der Fahrer ein freies Sichtfeld nach allen Seiten, die Instrumente sind ebenfalls gut sichtbar. Die Neigung der Sitzfläche ist so auszurichten, dass die Pedale leicht durchgetreten werden können, die Oberschenkel sollten leicht aufliegen.