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Auto-Visionär Gottlieb Daimler vor 175 Jahren geboren

Von Wenke Böhm 11.03.2009, 14:56

Schorndorf/dpa. - Was für Jungs von heute selbstverständlich ist, blieb Gottlieb Daimler verwehrt: Der Schwabe konnte in seiner Kindheit nicht mit Autos spielen, denn es gab sie noch nicht. Er musste sie erst erfinden - und hat damit die Deutschen enorm beschleunigt.

Der Visionär ist am 17. März vor 175 Jahre in Schorndorf geboren worden. Das Städtchen 30 Kilometer östlich von Stuttgart feiert seinen berühmten Sohn mit einer Reihe von Veranstaltungen und dem neuen Logo: «Schorndorf. Die Daimlerstadt.»

Eng war es in dem kleinen Fachwerkhäuschen an der Höllgasse, in dem der Tüftler im Spätwinter 1834 zur Welt kam. Das Kinderzimmer musste er sich mit drei Brüdern teilen, im Erdgeschoss betrieben seine Eltern Johannes und Wilhelmine eine Back- und Weinstube. Kurt Haaga ist voller Ehrfurcht: «Das ist das Haus, in dem die Mobilität geboren wurden», sagt er. Seit 57 Jahren arbeitet er «beim Daimler», mittlerweile als Wächter über die kleinen Schätze, die im Geburtshaus ausgestellt sind: Daimlers Taschenuhr, sein Zirkelkasten, die Schnupftabakdose. Schautafeln erzählen eine unglaubliche Erfolgsgeschichte - von den liebevollen Tierzeichnungen eines 13- Jährigen bis zum Katalog voller Fahrzeug-Urahnen.

Mit einer Lehre zum Büchsenmacher fing es an. Es folgten eine Maschinenbau-Ausbildung, mehrere Auslandsaufenthalte und erste Stellen. Dann die Bilderbuch-Karriere. In wenigen Jahren brachte es der schwäbische Tüftler zum technischen Direktor des größten deutschen Motorenwerks, der Gasmotorenfabrik Deutz bei Köln. Sein Selbstbewusstsein war entsprechend. Auf einer Ansichtskarte hat er sein Wohnhaus in Deutz mit einem Stern markiert und dazu geschrieben: «Von hier aus wird ein Stern aufgehen, und ich will hoffen, dass er uns und unseren Kindern Segen bringt.» Die Geburtsstunde eines Markenzeichens?

Daimler wollte weiter - und zwar schneller, als bis dahin möglich. Er machte sich selbstständig und arbeitete mit Wilhelm Maybach, seinem engen Vertrauten, am Grundstein für den modernen Transport: dem kleinen, schnelllaufenden Motor. 1883 lief der liegende Versuchsmotor, 1885 dann ein stehender, der mit einer Kurbel gestartet wurde. Dieser Motor, wegen seiner Form «Standuhr» genannt, reifte zum Patent und sollte später zahlreiche Kutschenpferde entbehrlich machen. 1887 gründete Daimler mit 23 Arbeitern eine Motoren-Fabrik in Bad Cannstatt bei Stuttgart, 1890 dann die Daimler-Motoren-Gesellschaft - den späteren Weltkonzern.

Nach nur etwa einem Jahrzehnt hatte Daimler so ziemlich alles motorisiert: Zweirad, Kutsche, Boot, Flugzeug, Lastkarren und Feuerwehrpumpen. Die Urahnen des individuellen Transports hatten zwischen einem und zwei Pferdestärken und knatterten mit bis zu 18 Stundenkilometern durch die Landschaft.

Seine Liebe zur Mobilität war für den Familienmenschen, der sieben Kinder von zwei Ehefrauen hatte, zugleich Motor und Bremse. Immer stärker geriet er in die Abhängigkeit von Geldgebern, wurde sogar für einige Zeit aus seiner Firma verbannt. Daimler kam zwar zurück, war aber verbittert. Er starb am 6. März 1900. Den Mercedes hatte der Erfinder kurz vorher noch auf den Weg gebracht, den Siegeszug des Automobils erlebte er aber nicht mehr. Auch den zehn Jahre jüngeren Carl Benz, der ab 1926 fest mit seinem Namen verbunden sein sollte, hat Daimler laut Autobiografie von Benz nie kennengelernt.

Neben seinem Geburtshaus erinnert die «Gedächtnisstätte» in Stuttgart-Bad Cannstatt an Daimler. Das ehemalige Gartenhaus dort war Refugium und Entwicklungsstätte des Visionärs. Schorndorf feiert Daimler am 17. März mit geladenen Gästen. Daneben sind die Ausstellung «175 Jahre Gottlieb Daimler» (21. März bis 10. Mai, Galerie für Kunst und Technik) sowie Führungen, Vorträge, Workshops und eine Oldtimer-Rallye geplant. Die Deutsche Post gibt eine Sonderbriefmarke heraus. Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) bezeichnet Daimler als einen der bedeutendsten Erfinder des letzten Jahrtausends: «Er hat für weltweite Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft gesorgt.»

Die «Daimlerstadt»: www.schorndorf.de