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Aprilia NA 850 Mana Aprilia NA 850 Mana: Schalten und schalten lassen

Von Hans-Ulrich Köhler 28.03.2008, 20:56

Halle/MZ. - Und derzeit fährt nur der Reise-Dampfer Yamaha FJR 1300 mit halbautomatischer Schaltung über Land.

Aprilia wagt nun mit der NA 850 Mana einen neuen Anlauf. Die Maschine ist derzeit das einzige kaufbare Großserien-Motorrad der Welt, das eine echte Automatikschaltung hat und noch dazu eins, bei dem die Designer eine sehr glückliche Hand hatten.

Die Maschine bietet den technischen Komfort eines Rollers und zugleich das Fahrverhalten eines Motorrades. Also: Nur Gas geben, und das Bike zieht mit seinen 76 PS (839 Kubik) davon, ohne dass ein Gang eingelegt werden muss. Aber den Roller schlägt es in punkto Anzug um Längen. In knapp vier Sekunden kann Tempo 100 erreicht werden, Spitze über 200 km / h.

An drei Stellen kann der Mana-Fahrer in die Antriebsart angreifen, zwei davon befinden sich am Lenker. Rechts gibt es einen Druckknopf. Mit dem lassen sich drei Automatikprogramme wählen, eine feine Sache, wie die erste Ausfahrt ergab, denn das Umschalten ist bei voller Fahrt möglich.

"Touring" steht für den normalen Betrieb. "Rain" senkt die Motorumdrehungen ab. "Sport" bietet höhere Drehzahlen. Bald merkt man, dass "Touring" praktisch fast immer passt. "Sport" wählt man gern, wenn besonders zügig zu überholen ist oder auch auf kurvigen Landstraßen, da lässt sich der leichte Drehzahlschub gut nutzen.

Links am Lenker kann der Fahrer - wie bei einer Tiptronic im Auto - jederzeit, bei voller Fahrt, die Gänge mit einer Mini-Schaltwippe per Hand einlegen. Der dritte Weg, die Mana auf Trab zu bringen, ist der klassische Weg. Mit einem Fußschalthebel geht es durch die Gänge, rein rechnerisch sieben, aber die werden nur durch die Elektronik simuliert. Die Schaltzeiten per Fuß sind extrem kurz, aber der Gewinn gegenüber der flinken Automatik nicht übermäßig groß. Mit der Automatik ist man immer bestens bedient.

Nur beim Bergabfahren hat sie Schwächen. Wenn das Gas weggenommen wird, landet man blitzschnell im Leerlauf und muss heftig abbremsen, aber man gewöhnt sich dran. Genauso schwinden nach 100 km die Versuche, instinktiv am Kupplungshebel zu ziehen, den es nicht gibt. Das Mana-Fahrwerk ist bestens, spurtreu bei Top-Speed, die Scheibenbremsen können hart zupacken. Und der Motorsound der Mana hat überhaupt nichts mit einem Roller zu tun. Da ist ein Bike mit einer ganz eigenen Klangfarbe unterwegs.

Auf der Mana kann man sehr entspannt fahren, fast aufrecht, die Hände an einem sehr breiten Rohrlenker. Mit dem lassen sich die 230 Kilo vorzüglich lenken, sehr agil das alles, gut gemacht. Und auch gegen extreme Schräglagen hat die Mana nichts. Schade, dass es erst im Laufe des Jahres ABS geben wird.

Zwei Komfort-Details ergänzen die ungewöhnliche Motorradtechnik. Die automatische Mana hat eine Handbremse. Das ist ein ausklappbares Hebelchen links am Motorblock, welches das Bike in schräger Parklage standsicher macht - man kann ja keinen "Park-Gang" einlegen. Detail Nummer zwei ist überaus praktisch. Was aussieht wie ein Tank - der liegt nämlich schwerpunktgünstig tief unter der Sitzbank - ist in Wirklichkeit ein geräumiges Staufach. Es nimmt einen Integralhelm auf, ist beleuchtet und bietet eine 12-Volt-Steckdose an, eine prima Idee.

Wer braucht so ein Motorrad? Aprilia selbst sieht die Kundschaft nicht bei jenen Fahrern, die mit schleifenden Knieschonern durch Kurven flitzen und den ultimativen Beschleunigungs-Kick suchen.

Die Mana könnte den Technik- und Design-Freak jenseits der 40 ansprechen, der den entspannten Fahrgenuss sucht, schöne Formen liebt, aber ab und an auch mal kurz gern richtig Gas gibt. Denn das kann die Mana vorzüglich mit ihrer Rollertechnik. Und das ist wohl die größte Überraschung der Premieren-Fahrt. Die Maschine bietet eine völlig neue Kultur des Motorradfahrens an.