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Auszug unter 18: Nur mit Erlaubnis der Eltern

Von Philipp Laage 11.08.2010, 07:09

Augsburg/dpa. - Um in eine eigene Wohnung zu ziehen, brauchen Minderjährige die Zustimmung ihrer Eltern. Auch für die Finanzierung müssen diese weiterhin aufkommen. Geschieht der Auszug gegen den elterlichen Willen, muss oft das Jugendamt vermitteln.

Den Abschluss in der Tasche, einen Ausbildungsplatz sicher - jetzt kann das Leben losgehen. Doch manchmal ist ein Umzug unvermeidlich, um die erste Stelle überhaupt antreten zu können. Wer noch nicht volljährig ist, kann aber nicht einfach so von zu Hause ausziehen. Der Jugendliche ist weiter auf die Mithilfe der Eltern angewiesen. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein Auszug unbedingt notwendig ist - zum Beispiel bei einer Gefährdung durch die Eltern. Hier hilft üblicherweise das Jugendamt weiter.

Ein Minderjähriger ist nur bedingt geschäftsfähig. Das bedeutet, er darf keine Verträge abschließen, die Verpflichtungen an ihn stellen, erklärt Rechtsanwalt Matthias Grandel in Augsburg. «Das ist aber bei einem Mietvertrag der Fall, schließlich verpflichtet er sich dort beispielsweise zur Zahlung der Miete.» In diesem Fall müssen die Eltern des Kindes den Vertrag abschließen. Sie haften für eventuelle Schäden und übernehmen die Mietzahlungen, sofern der Jugendliche sie nicht zahlt.

Wie in jedem anderen Haushalt ist es wichtig, dass der Ausgezogene sein Budget im Auge behält. Am besten führt er ein Haushaltsbuch, in dem alle fixen Kosten und Ausgaben vermerkt werden, sagt Grandel. «Abraten würde ich immer von langfristigen Verpflichtungen, bei denen sich der Jugendliche bindet.» Es gebe beispielsweise befristete Mietverträge mit langen Laufzeiten, die nicht innerhalb der üblichen Frist von drei Monaten gekündigt werden können. Vielleicht wird die Ausbildung aber schon nach der Probezeit abgebrochen, oder der Jugendliche muss noch einmal umziehen. Deshalb sollten Eltern und Kind besonders beim Mietvertrag aufpassen.

Sind die Eltern mit dem Auszug einverstanden, hat ein Kind unter 18 Jahren einen Barunterhaltsanspruch, um sich lebensnotwendige Dinge wie die eigene Wohnung, Kleidung und Essen finanzieren zu können, erklärt Jochem Schausten, Fachanwalt für Familienrecht. Die Höhe dieser Zahlung bemisst sich am gemeinsamen Einkommen der Eltern und dem Alter des Kindes. Die genauen Beträge sind in der Düsseldorfer Tabelle festgeschrieben. Zieht das Kind in eine eigene Wohnung und führt damit einen eigenen Haushalt, steht ihm ein Pauschbetrag von 640 Euro zu. «Was darüber hinausgeht, liegt im Ermessen der Eltern.»

In manchen Fällen ist aber auch der Auszug des Kindes nötig, weil es familiäre Probleme gibt. Grundsätzlich sei immer die Frage, ob das Kind mit oder gegen den Willen der Eltern auszieht, sagt Schausten. Ist es noch nicht volljährig, liegt das Sorgerecht und damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei den Eltern. Die erste Hürde bestehe also darin, dass das Kind nicht ohne Grund ausziehen darf, wenn die Eltern nicht einverstanden sind.

Bei einem ernstzunehmenden Streitfall, bei dem sich Kind und Eltern nicht einig werden, kann sich das Kind an das Jugendamt wenden und versuchen, gegen den Willen der Eltern auszuziehen. Das Jugendamt stellt einen Antrag bei Gericht, wo darüber entschieden wird, ob den Eltern das Sorgerecht entzogen wird. Ist dies der Fall, müsse ein andere Sorgeberechtigter gefunden werden. Das sind oft das Jugendamt selbst oder Berufsbegleiter aus gemeinnützigen Vereinen. Aber auch ein anderer Verwandter komme in Frage. Hier entscheide das Gericht für den Einzelfall.

Der Entzug des Sorgerechts sei der allerletzte Schritt, sagt eine Mitarbeiterin des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg in Berlin. «Wir sind daran interessiert, dass sich Kind und Eltern helfen lassen und die Probleme gemeinsam lösen, um eine Trennung zu vermeiden.» Ein Entzug des Sorgerechts komme in Frage, wenn das Kind wirklich bedroht ist, in seiner Entwicklung massiv eingeschränkt wird oder aus ernstzunehmenden Gründen um Inobhutnahme bittet, während die Eltern eine Klärung des Sachverhalts verweigern.

Erkennen Eltern und Kind aber zusammen, dass die Situation verfahren ist, kann eine vorübergehende Krisenunterbringung mit Zustimmung der Eltern sinnvoll sein. Die Eltern sind dann verpflichtet, ihre Einkommensnachweise einzuschicken. Sind die Eltern arbeitslos, geht zumindest das Kindergeld an das Jugendamt. Den Rest der Kosten trägt die Jugendhilfe. Der Staat finanziert dem Jugendlichen in der Regel jedoch keine eigene Wohnung, ergänzt Schausten.