Worum geht es beim Geburtstag? Ausufernde Kinderpartys: Wie Eltern den Wettbewerb stoppen
Für die lieben Kleinen ist es DER Tag im Jahr. An ihrem Geburtstag wollen sie es krachen lassen - vor allem für die Gäste. Das macht Eltern Druck. Eine Expertin sagt, wie man dem entfliehen kann.
Fürth - Wie kann man Leas Geburtstagsparty toppen, bei der ein Clown engagiert wurde, der die kleinen Gäste stundenlang bespaßt hat? Oder Tobis Hüpfburg und Maries Konfettikanone? Auch die professionelle Lichtershow bei Max kann man ja nicht einfach kopieren, oder doch?
„Wenn sich Eltern im Überbietungswettkampf um den nächsten extravaganten Kindergeburtstag wiederfinden, sollten sie einfach Stopp sagen“, rät Dana Mundt von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke-Elternberatung) im Interview.
Denn immer mehr Eltern wenden sich an die Erziehungsberatung, weil sie die ausufernden Kindergeburtstage völlig überfordert. Sie seien unsicher und fühlen sich unter Druck gesetzt, weil sie ihre Kinder nicht enttäuschen wollen.
Was können Eltern gegen diesen Sog tun?
Dana Mundt: Wenn man die Attraktionen so weit hochholt, sollte man auch bedenken, dass es nicht für alle Eltern finanziell machbar ist, den Zauberkünstler anzuheuern oder den Meerjungfrauen-Unterwasser-Kurs inklusive Kostüm für zehn Kinder zu buchen. Ich denke da auch an Alleinerziehende oder Elternteile, die wegen eines Geschwisterkindes gerade in Elternzeit sind und mit einem Einkommen auskommen müssen.
In solche Situationen ist es hilfreich, dem Kind zu erklären, worum es beim Geburtstag eigentlich geht. Dieser Tag ist mehr als nur ein Anlass für Geschenke. Eine kindgerechte Erklärung könnte lauten: „Dein Geburtstag ist ein besonderer Tag, an dem wir das Leben feiern und uns an die Zeit erinnern, als du auf die Welt gekommen bist. Es ist eine schöne Gelegenheit, diese Freude mit der Familie und den Freunden zu feiern.“
Wichtig finde ich auch, beim Kind realistische Erwartungen zu fördern. Ein einfacher und liebevoller Geburtstag mit schönen Ritualen kann genauso bedeutsam sein wie ein aufwendiger.
Und was sollte an einem Kindergeburtstag gefeiert werden?
Mundt: Anstatt großer und teurer Veranstaltungen und Bergen von Geschenken, sollte es um gemeinsame Zeit, Erlebnisse und schöne Momente miteinander gehen. Als eine Art Wertevermittlung kann man klar machen, dass es gewisse Meilensteine, wie Kitastart, Einschulung, Schulabschluss oder Ausbildungsende gibt, die eine Nummer größer ausfallen können. Aber wenn es um den sechsten, siebten, achten Geburtstag geht, soll es um gemeinsamen Spaß gehen.
Und Spaß und gute Freunde müssen nicht die Welt kosten. Ein Highlight kann ein Ausflug mit Schnitzelsuche sein. Oder jeder steuert etwas für ein gemeinsames Picknick am See bei oder man überlegt sich gemeinsam mit dem Kind eine Kinderpunsch-Gruselgeschichten-Nacht inklusive Wanderung. Meist sind das doch gar nicht unbedingt die teuren Sachen, die hängen bleiben, sondern die Abenteuer wie Schatzsuche im Bollerwagen oder die geschafften Rätselaufgaben und kleinen Dinge, die Spaß gemacht haben.
Was ist aber, wenn mein Kind auf einer Highlight-Feier mit super-duper Programm war und sich dies nun auch wünscht?
Mundt: Natürlich wird das Kind enttäuscht sein, wenn die Eltern sagen: „Nein, so geht das leider nicht.“ Oder: „Das können wir uns so nicht leisten“. Wir raten Eltern dann hier, die Gefühle der Kinder ernst zu nehmen. Man kann sagen: „Natürlich verstehe ich, dass du dir nun auch das Meerjungfrauen-wir-schwimmen-und-verkleiden-uns-wie-sie-Event wünschst. Vielleicht finden wir etwas ähnliches. Erzähl doch mal, was genau dir daran so gefällt.“
Dann kann man ja gemeinsam ein bisschen rumspinnen und schauen, was sich zuhause bei einer adäquaten Motto-Party umsetzen lässt. Zum Beispiel: Vielleicht verkleiden sich einfach alle und es darf wild geschminkt werden. Dabei kann man sich Geschichten über Meerjungfrauen ausdenken. Und mit einem blauen Tuch stellt man Wasser dar und macht lustige Bilder. Oder man geht danach noch schwimmen ins „normale“ Hallenbad.
Wenn Eltern hier nichts einfällt, darf auch gern mal ChatGPT nach Spielanregungen gefragt werden.
Und was ist, wenn das Kind mit einem abgespecktem Geburtstag Angst hat, nun nicht mehr bei Eventgeburtstagen eingeladen zu werden?
Mundt: Ich empfehle Eltern, ihr Kind hier ernst zu nehmen und zuzuhören. Es ist normal, dass das Kind Angst davor hat, nicht mehr eingeladen zu werden. Man könnte dann darüber sprechen, worum es in dem Punkt eigentlich geht: Was sind wirkliche Freunde? Worum sollte es in einer Freundschaft eigentlich gehen?
Es lohnt sich über folgende Frage nachzudenken: „Brauchst du 35 "Freunde", die meist nur kommen, wenn es etwas für sie gibt? Oder sind 2 bis 3 wahre Freunde, die sich mit dir freuen, egal ob es "nur" Spaß, leckeres Eis und einen DVD-Kino-Abend gibt, nicht viel wertvoller?“ Eben die, die es einfach schätzen, wenn sie dabei sein dürfen.
Am Ende steht die Botschaft: „Du bist Du!“, „Du darfst feiern, wie es Dir gefällt.“ und „Versuch Dich nicht zu sehr an anderen zu messen oder ihnen alles nachzumachen.“
Egal, ob nach jeder kleinen oder großen Highlight-Party - auch die Tüten mit Gastgeschenken werden immer dicker und voller. Ist das nicht auch ein Unding?
Mundt: Eltern können mit ihrem Kind gemeinsam überlegen: Wollen wir etwas Kleines für den Heimweg mitgeben oder eine kleine Erinnerung an den Tag „verankern“? Das könnte ja auch mal ein schönes oder witziges gemeinsames Foto zum Abschluss sein, was einen Tag später mit Aufschrift „Danke, dass Du dabei warst. Ich hatte einen supertollen Tag“ versendet oder verschenkt wird.
Eine Alternative kann auch etwas Selbstmitgebasteltes sein, was alle zusammen nachmittags machen: Freundschaftsbänder à la Bibi & Tina. Wichtig finde ich, dass Eltern sich hier klar sind und es nicht zu groß werden lassen.