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Arbeitsvertrag Arbeitsvertrag: Reicht mündliche Zusage aus?

Von Dorothea Reinert 31.10.2003, 17:04

Halle/MZ. - "Sie ist klar durch das Nachweisgesetz geregelt", erklärt Beate Kallweit, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Halle. "Danach hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Einen Monat nach vereinbartem Arbeitsbeginn muss also der schriftliche Arbeitsvertrag vorliegen."

Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht einen schriftlichen Arbeitsvertrag einklagen. Die meisten Beschäftigten nehmen jedoch nach Erfahrung der Anwältin davon Abstand, um ihr Arbeitsverhältnis in einem so frühen Stadium nicht unnötig zu belasten.

Dieser Schritt ist nach Ansicht von Beate Kallweit bei Grit S. ohnehin noch nicht nötig. Da die Monatsfrist des Arbeitgebers noch nicht verstrichen ist, rät sie, die erste Lohnabrechnung abzuwarten. Ist sie identisch mit der mündlichen Einstellungszusage, dürfte sich die Sekretärin nicht nur über den Erhalt des vereinbarten Lohnes freuen. Sie könnte sich auch künftig gegen eine Abänderung zu ihren Lasten gut verteidigen.

"Hat der Arbeitgeber einmal eine Abrechnung des Arbeitsverhältnisses auf der getroffenen Vertragsabsprache durchgeführt, ist dies auch in Zukunft ein Indiz dafür, dass die ursprüngliche Abrechnung den Arbeitsvertrags-Bedingungen entprach", erklärt die Anwältin.

Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses hänge im Übrigen nicht von der Übergabe eines schriftlichen Arbeitsvertrages ab. Ebenso bindend sei eine mündliche Vereinbarung. Unbestritten sei jedoch, dass Arbeitnehmer ihre Ansprüche wesentlich leichter durchsetzen können, wenn sie auf den schriftlich vorliegenden Vertrag verweisen können. Insofern sei die Nachfrage von Grit S. durchaus berechtigt.

Die Sekretärin beschäftigt aber noch eine weitere Frage. Sie hängt mit ihrem Einstellungsgespräch zusammen. Als der Arbeitgeber sich hierbei unverblümt nach einer bestehenden Schwangerschaft erkundigte, hatte sie diese verneint. Dabei war sie zu dem Zeitpunkt bereits im zweiten Monat schwanger. Kann ihr daraus ein Strick gedreht werden, möchte sie von der Anwältin wissen. "Nein", lautet deren beruhigende Antwort. Werde eine zulässig gestellte Frage im Einstellungsgespräch wahrheitswidrig beantwortet, berechtige das den Arbeitgeber zwar vom Grundsatz her zur Anfechtung eines Arbeitsvertrages. Das aber treffe hier nicht zu. "Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes verstößt die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwangerschaft vor der geplanten unbefristeten Einstellung einer Frau gegen Paragraf 611a Bürgerliches Gesetzbuch. Darin ist geregelt, dass der Arbeitgeber keine geschlechtsbezogene Benachteiligung vornehmen darf", erklärt die Anwältin.

Das Bundesarbeitsgericht ist jüngst sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Es hat entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn die Arbeitnehmerin die vereinbarte Tätigkeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes überhaupt nicht aufnehmen kann (Bundesarbeitsgericht vom 6. Februar 2003, 2 AZR 621 / 01). Frau S. brauche somit wegen ihrer unrichtigen Angabe keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Diese Beruhigungspille kann ihr Beate Kallweit unbesehen verabreichen.

In dem Zusammenhang merkt die Anwältin an, dass auch eine Schwerbehinderung im Einstellungsgespräch generell nicht offenbart werden muss. Es sei denn, der Arbeitnehmer vermag aufgrund seiner Behinderung die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht zu leisten.

Nach drei Wochen hat sich das Problem von Grit S. mit dem Arbeitsvertrag von allein gelöst: Die Sekretärin hat ihn schwarz auf weiß vor sich liegen. Beim Durchlesen stößt sie jedoch auf Passagen, deren Rechtmäßigkeit sie nicht überblicken kann. Sie betreffen eine Kurzarbeitsklausel, das Verbot einer Nebentätigkeit und ein so genanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Ehe Grit S. ihre Unterschrift unter den Arbeitsvertrag setzt, möchte sie dazu noch einmal Rechtsrat einholen.