1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Angst vor dem Suppenkasper: Wenn Kinder nicht essen wollen

Angst vor dem Suppenkasper: Wenn Kinder nicht essen wollen

Von Jessica Gilster 23.01.2008, 08:18

Haßloch/dpa. - «Ich esse meine Suppe nicht! Nein, meine Suppe ess' ich nicht!» Die meisten Eltern kennen die Geschichte vom Suppen-Kaspar aus dem «Struwwelpeter». Häufig erleben sie diese Szene auch am heimischen Mittagstisch - und sie macht ihnen große Angst.

Die Gespräche junger Mütter drehen sich häufig um das Thema Essen. Bei einer Untersuchung von Annette Kast-Zahn und Hartmut Morgenroth wurden 400 Eltern von Kindern zwischen fünf Monaten und fünf Jahren zum Essverhalten ihrer Sprösslinge befragt. Auffällig viele Eltern hätten Angst, ihr Kind sei zu dünn und esse zu wenig, schreiben die Diplom-Psychologin und der Kinderarzt in einem Buch.

Von sogenannten schlechten Essern kann auch Heinz Alpers ein Lied singen: «Eltern haben oft Angst davor, dass es ihrem Kind an etwas mangeln könnte.» Doch diese Angst ist meistens unbegründet. «Auch wenn es so wirkt, als esse ein Kind fast ausschließlich ein bestimmtes Nahrungsmittel, zu einseitig ist das von den Kindern selbst gewählte Essen in der Regel nicht», sagt der Kinderarzt aus Haßloch in Rheinland-Pfalz. «Ich habe in den vergangenen zehn Jahren jedenfalls kein Kind mit Mangelerscheinungen gesehen.»

«Ein gesundes Kind, dem alles regelmäßig angeboten wird, nimmt sich, was es braucht.» Diese Grundweisheit der Ernährungsberatung gibt Anna Oldenburg von der Gesellschaft für Ernährung und Bewegung in Berlin oft an Eltern weiter.

«Wirklich schlechte Esser gibt es hauptsächlich in den Köpfen der Eltern, weniger am Familientisch», sagt Alpers. Der größte Fehler, den Eltern begehen können, ist Zwang beim Essen auszuüben. «Gesunde Kinder werden nur durch äußere Einflüsse zu Nahrungsverweigerern.»

Wer sich auf Spielplätzen genau umsieht, kann miterleben, wie friedlich spielenden Kinder, immer, wenn sie an ihren Eltern vorbei laufen, etwas in den Mund gesteckt wird. «Oft ist es überhaupt kein Wunder, dass die Kinder zu den Mahlzeiten nichts mehr essen wollen», sagt Oldenburg. «Sowohl die Bananen auf dem Spielplatz als auch die Brötchen im Buggie verhindern, dass das Kind zu den Mahlzeiten richtigen Appetit entwickeln kann.» Wenn ständig zwischendurch gegessen wird, bekommt das Kind eine grundsätzlich falsche Einstellung zum Essen. Mahlzeiten sollten gemeinsam am Tisch und nicht irgendwo im Vorbeigehen eingenommen werden.

Oft machen Eltern sich Sorgen, weil sie das Essverhalten ihrer Kinder mit anderen vergleichen. «Es ist mit unterschiedlichen Erbanlagen zu erklären, wenn das eine Kind wenig isst, ein anderes genau doppelt so viel und trotzdem beide im gleichen Tempo zunehmen», schreiben Annette Kast-Zahn und Hartmut Morgenroth.

Damit es am Esstisch keinen unnötigen Stress gibt, plädieren die Experten dafür, dass Kinder die Menge, die sie essen, selbst bestimmen dürfen. Dafür entscheiden die Eltern, wann und was gegessen wird. Miriam Eisenhauer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung rät, fünf Mahlzeiten über den Tag zu verteilen. «Kinder haben durch das Wachstum und die häufige Bewegung einen hohen Energiebedarf und brauchen, um Müdigkeit und Konzentrationsabfall zu vermeiden, häufiger Nachschub als Erwachsene. Also etwa alle drei Stunden.»

Literatur: Annette Kast-Zahn, Hartmut Morgenroth: Jedes Kind kann richtig essen, Gräfe und Unzer, ISBN: 978-3-774-27414-3, 17,90 Euro.