Angst vor dem Babygeschrei: Wenn Männer keine Kinder wollen
Hamburg/dpa. - Verliebt, verlobt, verheiratet, zwei bis drei Kinder - vor wenigen Jahrzehnten war dieser Lebensverlauf noch selbstverständlich. Heute ist die Entscheidung für oder gegen ein Kind Grundlage vieler Beziehungsprobleme.
Das Neue daran: Immer mehr Männer sagen «Nein» und verschieben die Familiengründung auf unbestimmte Zeit nach hinten. Experten empfehlen Frauen, sich gegenüber ihren Partnern klar zu positionieren. «Männer befinden sich im Zeugungsstreik!», sagt Meike Dinklage, Buchautorin aus Hamburg. Tatsächlich stützt eine Befragung des BAT Freizeitforschungsinstituts ihre These: 43 Prozent der Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren sagen, dass ihnen Freizeit und Reisen wichtiger sind als Heirat und Familiengründung.
Doch warum wollen immer weniger Männer Vater werden? «Männer haben heute große Erwartungen an die eigene Biografie», erklärt Oskar Holzberg, Diplompsychologe aus Hamburg. «Jeder will unbedingt das Beste aus seinem Leben machen.» Kinder, so die Experten, wirken auf viele Männer wie eine Entwicklungsbremse.
Auch der finanzielle Aufwand spielt eine Rolle. «Die Familiengründung geht Hand in Hand mit finanzieller Verantwortung», sagt Dinklage. So steht auf der einen Seite der Wunsch, dem Kind etwas bieten zu können, auf der anderen Seite aber auch die Gefahr lebenslang zahlen zu müssen. «Trennung und Scheidung sind ein Faktor, den viele Männer in ihre Überlegungen mit einbeziehen», sagt Uta Meier-Gräwe, Professorin an der Universität Gießen.
«Mit spätestens Ende 30 verspüren Frauen den Kinderwunsch», sagt Dinklage. «Männer verspüren diesen natürlichen Impuls nicht, sie können auch in späteren Jahren noch Vater werden.» Doch wie soll die Kinderfrage geklärt werden, wenn sie will und er nicht? «Erstmal gilt es über die Ängste zu sprechen», rät Meier-Gräwe. Wenn Männer mit einem Kind automatisch durchwachte Nächte verbinden, können diese Sorgen durch eine Analyse der persönlichen Situation genommen werden. «Überlegen Sie: Wer kann uns helfen?» Oskar Holzberg empfiehlt den Realitätscheck: Wie geht es dem besten Kumpel, seitdem er Vater ist?
Auch wenn der Partner zwar «Ja» zum Kinderwunsch sagt, aber der richtige Zeitpunkt für ihn noch nicht gekommen ist, kann es Probleme geben. «Ein Vertrösten auf unbestimmte Zeit ist für eine Beziehung, in der die Partnerin einen Kinderwunsch hat, nicht zu empfehlen.» Besser sei, Absprachen über den richtigen Zeitpunkt zu treffen.
Sollte die Vereinbarung erneut im Vertrösten enden, wird die Beziehung auf eine harte Probe gestellt: Uta Meier-Gräwe spricht klare Worte: «Wenn der Mann die Familiengründung ablehnt, müssen Frauen sich überlegen, ob sie mit diesem Mann weiter leben wollen.»
Anstatt den Kinderwunsch aufzugeben, lassen es viele Frauen darauf ankommen. «Manche Männer sind tatsächlich froh, wenn ihnen die Kinder-Entscheidung von der Frau abgenommen wird», sagt Dinklage. Meier-Gräwe warnt Frauen jedoch vor einer forcierten Schwangerschaft ohne Einverständnis des Partners: «Wenn vorher klar war, dass er nicht will, müssen Frauen sich auf große Konflikte einstellen.»
Literatur: Meike Dinklage: Der Zeugungsstreik. Warum die Kinderfrage Männersache ist. Diana Verlag, ISBN: 978-3-453-28501-9, 17,90 Euro