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Aggressive Hunde - Angst und Unsicherheit als Ursache

Von Andrea Löbbecke 10.01.2008, 08:13

Erftstadt/dpa. - Kaum setzen sich Herrchen und Frauchen auf die Couch, drängt sich der Hund dazwischen und knurrt. Wenn ihm der Fressnapf weggenommen wird, schnappt er nach der Hand. Ein solches Verhalten sollte keineswegs als harmloser Ungehorsam geduldet werden.

Die Unarten können sich zu einem massiven Problem entwickeln - und im schlimmsten Fall mit Beißattacken gegen den Hundehalter, die Familie oder Fremde enden, warnen Experten. «Meist sind es Hunde mit wenig Selbstbewusstsein, die aus Verunsicherung aggressives Verhalten entwickeln», sagt Hundecoach Martin Rütter aus Erftstadt in Nordrhein-Westfalen. Vor allem sensible Hunde gerieten aus dem Gleichgewicht, wenn sie den Eindruck vermittelt bekommen, in «ihrem Rudel die Funktion des Leittieres übernehmen zu müssen». Dies geschieht, wenn die menschlichen Rudelmitglieder nicht klar genug sagen, wo es langgeht.

«Ich merke, dass ich mit meinem Tier ein Dominanz-Problem habe, wenn es immer mehr Spielregeln der Beziehung bestimmt», sagt die Hundetrainerin Perdita Lübbe aus Griesheim in Hessen. Viele Hunde setzten sich dominant über ihre Menschen hinweg - dies müsse aber lange nicht bedeuten, dass die Tiere auch aggressiv werden. Nach den Worten von Rütter kann es sogar ein problemloses Zusammenleben geben - solange es Herrchen oder Frauchen nicht stört.

Ein charakterlich schwächeres Tier fühle sich dagegen schnell überfordert, werde unsicher und reagiere deshalb womöglich aggressiv. Bei solchen Tieren ist es laut Lübbe wichtig, auf erste Alarmsignale zu achten. Dazu könnte etwa zählen, dass das Tier den Menschen beim Spazierengehen wegschiebt, sich vor den Zweibeiner stellt - und somit den Weg versperrt, oder seine Pfote frech auf den Fuß setzt.

Der Grund für ein Ungleichgewicht in der Mensch-Hund-Beziehung liege immer beim Herrchen, das etwa die Körpersprache seines Gefährten nicht lesen kann. Halter achteten oft viel zu wenig auf feine Unmutsäußerungen, sagt Lübbe. «Kein Hund knappt oder beißt ohne Vorwarnung.» Wenn es Probleme mit aggressivem Verhalten beim Hund gibt, sollte man auf keinen Fall mit Gewalt reagieren, warnt Lübbe. Dagegen sollte möglichst rasch professionelle Hilfe gesucht werden - etwa in einer guten Hundeschule.

Um mögliche Aggressions-Probleme im Keim zu ersticken, rät der Hundepsychologe Joachim Westermann aus Bochum, bereits bei ganz jungen Hunden klare Regeln für das Zusammenleben aufzustellen. Dazu zähle, dem Tier niemals etwas zu geben, wenn es bettelt, ein Leckerchen erst nach vorheriger Leistung, etwa nach Sitz, zu geben und den Hund weder auf das Sofa noch ins Schlafzimmer zu lassen. «Erst nach etwa drei Monaten können diese Vorgaben etwas gelockert werden», sagt Westermann.

Sind jedoch bereits massive Dominanzprobleme aufgetaucht, rät Westermann zu professioneller Hilfe. Die Lösungen und Therapien seien von Hund zu Hund sehr individuell. «Wenn jedoch bereits die Sozialisation des ganz jungen Hundes fehlgeschlagen ist, kann es unter Umständen sehr schwierig werden, dies später überhaupt noch in den Griff zu bekommen.»