Zweiter Weltkrieg Zweiter Weltkrieg: «Bomben auf Dresden waren 1945 nicht überraschend»

Dresden/dpa. - Pommerin ist Inhaber des Lehrstuhls fürNeuere und Neueste Geschichte der Technischen Universität Dresden.
Viele Dresdner würden das Ereignis noch heute als Einmaligkeitbetrachten. «Sie sehen weder Hiroshima und Nagasaki oder dieZerstörung westdeutscher Städte.» Bereits bei den Überlebenden desDresdner Infernos habe sich das Gefühl eines besonderen Schicksalsherausgebildet. «Die Stadt war damals auf den Angriff nichtvorbereitet. Im Unterschied zu Köln, Hamburg oder Berlin fehlteDresden die tägliche Erfahrung von Bombenangriffen», sagte Pommerin.Auch die militärische Führung der Deutschen habe keinerlei Vorsorgegetroffen. In Dresden gab es weder Flakgeschütze noch große Bunker.»
Dabei waren die Luftangriffe auf Dresden aus militärischer Sichtnicht überraschend. «Die Briten wollten damit das Vordringen derrussischen Front erleichtern. Zu diesem Zeitpunkt waren noch zweiMillionen deutsche Soldaten in Europa unter Waffen. Die konntenjederzeit mit der Eisenbahn zur Verteidigung des Ostens herangefahrenwerden», sagte der 61 Jahre alte Wissenschaftler. Als wichtigerEisenbahnknotenpunkt war Dresden damit ein militärisches Ziel. Hinzukam die Strategie der britischen Royal Air Force, die bewusstStadtzentren ins Visier nahm. «Sie versprachen sich davon einedemoralisierende Wirkung und wollten so den Krieg verkürzen.»
Laut Pommerin ist der späte Zeitpunkt der Angriffe kein Argumentfür die These von einem militärisch sinnlosen Akt: «Das Kriegsendewar im Februar 1945 nicht absehbar. Die Alliierten kannten dieGerüchte, wonach Deutschland bis zum letzten Mann kämpfen und ausjedem Dorf eine Festung machen würde.» Deshalb hätten sie mit einemlängeren und verlustreichen Krieg gerechnet. Die BombardierungDresdens sei mit Kenntnis der Sowjetunion erfolgt. «Die Ausweitungdes Bombenkrieges war eine Entscheidung der Konferenz von Teheran.»
Der Bombenkrieg gegen zivile Objekte sei allerdings von denDeutschen begonnen worden. Bis dato habe es keine völkerrechtlichenBestimmungen für Luftangriffe gegeben. «Der amerikanische PräsidentTheodor Roosevelt bat zu Beginn des Zweiten Weltkriegs dieKriegsparteien, auf die Bombardierung ziviler Ziele zu verzichten.Das fand Hitlers Zustimmung», sagte Pommerin. Doch schon in der Nachtzum 1. September 1939 habe Deutschland die polnische KleinstadtWielun bombardieren lassen. 1200 Einwohner starben, die Stadt wurdezu 70 Prozent zerstört. «Das war der Beginn des Bombenterrors».