Zum Tod von Henning Mankell Zum Tod von Henning Mankell: Der schwermütige Killer

Halle (Saale) - Als er seinem größten Erfolg ein Gesicht und einen Namen gab, war Henning Mankell kein junger Mann mehr. Mit Anfang 40 erst gelang es dem Autoren von gesellschaftskritischen Büchern wie „Der Chronist der Winde“ mit der Erfindung des Kommissars Kurt Wallander ein Wechsel in ein Fach, dass es vorher noch gar nicht gab: Krimis aus Schweden, wo Mankells Wallander in Ystad ermittelt, und später aus ganz Skandinavien eroberten ein nach Millionen zählendes Publikum.
Zum Erstaunen von Mankell, dem bekennenden Alt-68er, der zu Beginn seiner Schriftstellerlaufbahn Stücke für kleine Theater geschrieben und dort auch Regie geführt hatte, um der kapitalistischen Gesellschaftsordnung die Maske vom Gesicht zu reißen. Seinen ersten Krimi schrieb Mankell mit taktischem Kalkül: Um das Thema Rassismus in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, komponierte er Anfang der 90er das erste Wallander-Buch „Mann ohne Gesicht“.
Raum für Gesellschaftskritik
Auch in den später veröffentlichten Thrillern um Wallander, der alles andere ist als eine strahlende Heldenfigur, nimmt Gesellschaftskritik breiten Raum ein. Mankell arbeitet sich am schwedischen Gesellschaftsmodell ab, das er keineswegs als so vorbildlich empfindet wie viele seine deutschen Leser. Die Kriminalhandlung, oft geprägt von drastischen Gewaltschilderungen, liefert dem 1948 in Stockholm geborenen Scheidungskind, das bei seinem Vater aufwuchs, nur die Kulisse für Seitenhiebe auf den schwedischen Wohlfahrtsstaat.
Wie seine Landsleute Maj Sjöwall und Per Wahlöö in ihrer zehnteiligen Krimi-Serie „Roman über ein Verbrechen“ taucht Henning Mankell in seinen klassisch komponierten Polizisten-Romanen mit Raub und Mord, Menschenhandel und Entführung in die Abgründe der Gesellschaft, um denen, die sich dort nicht tummeln, einen Spiegel vorzuhalten. Schaden nehmen dabei seine Helden: Der grummelige Wallander, seiner Tochter Linda und ihre Kollegen.
Kampf für eine bessere Welt
Der Ururenkel eines Auswanderers aus Hessen, in dritter Ehe mit der Theaterregisseurin Eva Bergman verheiratet, haderte zeitlebens mit Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Armut vor allem in Afrika, das er seit einem Besuch Ende der 70er Jahre als seine zweite Heimat empfand. Mankell stand zu seinem Anliegen, mit seinen Büchern für eine bessere Welt zu kämpfen. Und je älter er wurde, umso kompromissloser folgte er diesem Ziel: Statt den elf Wallander-Bänden weitere folgen zu lassen, verlegte er sich mehr und mehr auf Romane ohne Mord und Totschlag wie „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ oder „Tea Bag“, die nicht mehr Ystad, sondern oft in Afrika spielten.
Dass diese nur ernsten Bücher sich trotz des zugkräftigen Namens nicht so gut verkauften, nahm Mankell hin, ebenso wie er hinnahm, dass er für seine immer wieder scharf vorgetragene Israel-Kritik selbst kritisiert wurde. Seiner Beliebtheit beim deutschen Fernsehpublikum, das regelmäßig mit Krimi-Produktionen nach Mankell-Büchern versorgt wird, tat das keinen Abbruch. Vor anderthalb Jahren teilte Henning Mankell seiner Fangemeinde mit, dass er unheilbar an Krebs erkrankt sei. Am Montag starb der Erfolgsautor 67-jährige in Göteborg. (mz)
Zur Seite des Schriftstellers: www.henningmankell.com