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Wortkarger Märchenerzähler: Aki Kaurismäki wird 60

03.04.2017, 09:19
Seine Sympathie gehört den Außenseitern und Verlierern: Aki Kaurismäki wird 60. Foto: Jörg Carstensen
Seine Sympathie gehört den Außenseitern und Verlierern: Aki Kaurismäki wird 60. Foto: Jörg Carstensen dpa

Helsinki - Faul und müde - so beschreibt sich der finnische Filmemacher Aki Kaurismäki selbst. In seinen Schaffensphasen schenkt er Kinobesuchern aber die wundersamsten Universen, die trotz all ihrer Melancholie am Ende immer einen optimistischen Blick auf die Welt bereithalten. Am Dienstag (4. April) wird der Regisseur 60 Jahre alt.

Seine Filme wirken wie aus der Zeit gefallen, die Stimmung ist oft nostalgisch, die Hauptfiguren sind fast immer Verlierertypen. Anhand ihrer Schicksale erzählt der Humanist Kaurismäki menschliche Geschichten. In seinen jüngsten beiden Filmen ging es um Flüchtlingsschicksale. Für den aktuellen, „Die andere Seite der Hoffnung”, bekam Kaurismäki auf der diesjährigen Berlinale den Bären für die beste Regie. Es ist auch der erste Film, für den er das Drehbuch am Computer geschrieben hat. Zuvor tippte er auf der Schreibmaschine. Das passt zu ihm.

„Die andere Seite der Hoffnung” solle sein letzter Film sein, sagte der wortkarge Regisseur dem finnischen Sender Yle am Rande der Berlinale. „Ich bin müde. Ich möchte jetzt mein eigenes Leben zu leben beginnen.” Das ist nichts Neues. „Ich will mit dem Filmemachen schon seit 35 Jahren aufhören”, erzählte Kaurismäki kurze Zeit später in einem Interview der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” (HAZ).

Entsprechend viel Zeit vergeht zwischen seinen Filmen. Von „Lichter der Vorstadt” über einen einsamen Wachmann bis zum ersten Flüchtlingsfilm „Le Havre” 2011 dauerte es fünf Jahre. „Ich werde einfach faul”, antwortete Kaurismäki damals auf die Frage eines „Welt”-Journalisten. Für „Le Havre”, der in Frankreich spielt, wurde er nach Cannes eingeladen. Zu den international erfolgreichsten Produktionen des Finnen zählen „Leningrad Cowboys Go America” (1989) und „Der Mann ohne Vergangenheit” (2002).

So schweigsam Kaurismäki und seine Figuren sind, so trocken ist der Humor des Finnen. Auf die Frage, ob er eine Islamisierung Europas befürchte, antwortete er bei der Pressekonferenz der diesjährigen Berlinale: Nein, nur weil Island einmal bei einer Fußball-EM gut abgeschnitten habe, sei keine Islandisierung zu erwarten.

Obwohl Kaurismäki fragt: „Wo zur Hölle ist unsere Menschlichkeit?”, hört er nicht auf, an das Gute im Menschen zu glauben. Der „HAZ” sagte er im März: „Man kann auch dann noch ein Märchen erzählen, wenn das Dach über einem schon einstürzt.”

Privat liebt Kaurismäki seine Frau, mit der er in Portugal lebt, Hunde und Weißwein. Zusammen mit seinem ein Jahr älteren Bruder, dem Filmemacher Mika Kaurismäki, gehören dem Finnen zwei Bars in Finnlands Hauptstadt Helsinki - das Moskova und das Corona. In ersterem steckt genauso viel Nostalgie wie in seinen Filmen: Das Moskova nimmt den Besucher mit auf eine Reise in die Sowjetunion.

Zum 60. Geburtstag wolle der Regisseur keine Interviews geben, sagt ein finnischer Bekannter der Deutschen Presse-Agentur. „Er sagt, vielleicht in 20 Jahren, wenn er wirklich ein alter Mann ist.” Wie Kaurismäki seinen Geburtstag verbringt, weiß auch er nicht. „Ich gehe mal davon aus, dass er mit seiner Familie zusammen ist.” (dpa)