Wolfgang Winkler Wolfgang Winkler: Der Kommissar von nebenan

Halle/MZ. - Eigentlich ist ihm seinAlter egal. Oder doch beinahe. Keine Ahnung,wie man sich mit sechzig zu fühlen hat. Gesetztden Fall, es geht einem gut. So wie ihm, wennman in Saft und Kraft steht. Dabei klopfter auf den hölzernen Tisch. Der steht aufder "Marie Hedwig", das muss jetzt mal gesagtwerden dürfen. Denn das Kneipenschiff am halleschenRiveufer ist einer der Orte, die WolfgangWinkler besonders mag, hier (wie in Halleüberhaupt) fühlt er sich wohl - ganz privatin aller Öffentlichkeit.
Allerdings ist dem "Ikognito" nicht mehrso recht zu trauen, seit Winkler alias HauptkommissarHerbert Schneider an der Seite von Kollegenund Freund Jaecki Schwarz (Herbert Schmücke)für den "Polizeiruf 110" des MitteldeutschenRundfunks ermittelt - Sonntagabend im "Ersten".Mit Erfolg: Der bodenständige, mit wunderbaremMutterwitz gesegnete Schneider und sein feinsinniger,edle Weine schätzender und bisweilen etwaskaprizöser Kompagnon laufen manchem matten"Tatort"-Kollegen locker den Rang ab.
Wolfgang Winkler hat kein Problem mit demBekanntsein. Er freut sich, wenn ein HamburgerTaxifahrer ihn fragt: "Sie hab ich doch schonmal gesehn". Und er kennt natürlich auch denPreis: Irgendeiner kann Dich immer beobachten.Winkler spricht unaufgeregt, aber immer pointiert.Man kann ihm gut zuhören, das weiß er natürlich.Schließlich ist er ein Schauspieler. Aberder Eindruck, den der TV-Polizist hinterlässt,fällt dennoch zweifelsfrei auf seinen Darstellerzurück: Der Typ ist echt. Dem glaubt man,weil er keine großen Geschichten um sich braucht.Und nicht pausenlos auf die Pauke haut.
Ein liebenswürdiger Mensch, der stolz aufKinder und Enkel ist. Und immer noch trauertum seine Frau, die vor drei Jahren tödlichverunglückt ist. Eins zu eins, so darf manihn nehmen. Also behutsam.
"Ich bin einer, der seit 40 Jahren nach Berlingehen will - und bin immer noch hier", sagter über sein Heimatverständnis. Geboren undaufgewachsen ist er in Görlitz (wie seineOberbürgermeisterin Ingrid Häußler), E-Lokführerhat er gelernt und danach von 1962 bis 1965an der Hochschule für Film und Fernsehen inPotsdam-Babelsberg studiert. Schauspielerwerden! Ob das seiner Großmutter, bei derer aufgewachsen ist, nicht eher suspekt erschien?Am Anfang war sie nicht begeistert, räumtWinkler ein. Dafür später aber auch gehörigstolz auf den Jungen.
Der machte seinen Weg, trotz eines frühenStolpersteins: Noch im Studium bekam er eineHauptrolle in dem vor der Premiere verbotenen,DDR-kritischen Film "Das Kaninchen bin ich"von Kurt Maetzig. Exmatrikuliert und glücklichan das Görlitzer Theater engagiert, hörteWinkler später mit einiger Verwunderung, Grundfür seinen Abgang von der Hochschule sei gewesen,dass er den Film ohne Erlaubnis gedreht habe.Darüber staunt er heute noch: Wie sollte dasgegangen sein, war doch der Regisseur auchsein Rektor gewesen? Den Film hat Winklererstmals nach der Wende in der Akademie derKünste sehen können. Das erinnert er als einensehr bewegenden Moment. Robert Redford, sagter, habe ihm vielleicht vieles voraus - einesaber nicht: Dass er die Premiere eines Filmeserst nach 24 Jahren erlebt.
Dabei ist es ihm nicht schlecht ergangen:Er hat, zumal am halleschen Landestheater,wohin er 1967 gekommen war, große Rollen gespielt,darunter den Quasi Rieck in der "Aula" nachHermann Kant. Auch Filmangebote gab es wieder,den Vater im Defa-Streifen "Das Pferdemädchen"zum Beispiel. Und immer mal wieder auch Schurkenim "Polizeiruf", bevor er 1996 zu den Kriminalernwechselte - als der nette Bulle von nebenan.
Aber auch wenn ihn das Fernsehen jahrelanganscheinend ganz gefangen nahm - das Theaterlässt ihn doch nicht los: Im "Jedermann" aufUsedom war er dabei, in der Dresdner Komödiespielte er in der "Feuerzangenbowle". Im Herbstgastiert er erneut in Dresden, gemeinsam mitDieter Mann in "Ein seltsames Paar". Natürlichwird auch im Theater Geburtstag gefeiert,bei seinem alten Chef Peter Sodann: heuteAbend, bis in den Sonntag hinein. Ein schönesFest soll es geben. Und noch viele gute Jahre.
Der nächste "Polizeiruf" mit Winklerund Schwarz läuft am 16. März, 20.15 Uhr imErsten.