Wir sind Helden lesen vor
Berlin/dpa. - Charmant und ein wenig chaotisch hat sich die Berliner Band Wir sind Helden aus der Babypause zurückgemeldet. Mama Judith Holofernes und ihre Mithelden lesen jetzt vor, und zwar ihre eigene, gemeinsame Band-Geschichte.
Was zum Beispiel soll es bedeuten, wenn Plattenfirmen ankündigen: «Wir breaken euch topdown»? Das ist keine Drohung sondern das Versprechen, «Wir machen euch ganz groß» im Musikgeschäft, erklärte Holofernes am Mittwoch beim ersten Lese-Auftritt in Berlin. Dieser neugierige, selbstironische Blick auf die Welt zieht sich durch das erste literarische Werk «Wir sind Helden - Informationen zu Touren und anderen Einzelteilen».
Die Band liest und singt von Barhockern aus in einen Kinosaal mit kuscheligen Sitzen hinein. «Ähm, ganz ehrlich, wir sprechen erstmal gar nicht, sondern spielen Musike», beginnt die Leadsängerin der gefeierten Band. Es folgt der Titel «Gekommen um zu bleiben». Das Publikum spendet langen Beifall, doch Mitsingen klappt bestenfalls mäßig.
Schon rein optisch sieht das Buch fröhlich aus; es ist spontan geschrieben und so liest es sich auch. Bunt zusammengesteckt finden sich Tagebucheinträge, Fotos und Kommentare aus der Rückschau. Zu lesen ist etwa wie Angst sich einschlich, bevor die Band 2005 bei dem Festival Rock am Ring auftrat - auf Plakaten angekündigt als «Wir sind Helden (Limp Bizkit haben abgesagt)». Nach Drohungen im Online-Gästebuch befürchteten Holofernes, Pola Roy, Jean-Michel Tourette und Mark Tavassol mit Tomaten oder gar Schokoladenriegeln beworfen zu werden. Stattdessen sangen dann selbst gestandene Rocker das Lied «Denkmal» mit, erinnern sich die Musiker lachend.
Die Vier lesen abwechselnd und überzeugend so, als erinnerten sie sich gerade erst an frühere Situationen. Nebenbei ist auch noch zu klären, wer jetzt eigentlich an der Reihe ist - die Texte sind frisch aus dem Drucker. Auf der Kinoleinwand wechseln sich Tourfotos ab und von Hochglanz ist keine Spur: Die Helden in quietschfarbenen Heldenkostümen auf einer trostlosen Straße, Pola Roy dessen Hose auf halb acht sitzt, während eine Reporterin Bandmitglied Jean-Michel auf einer Camping-Garnitur interviewt.
Drei Lieder lang zeigt die Leinwand versehentlich eine Bustoilette. Holofernes wirft einen Blick hinter sich und muss lachen. Die Band wirkt entspannt nach der Babypause. Sie scherzt, lacht und kommentiert. Holofernes trägt statt langer Mähne einen Dutt. Zur Zugabe liest sie die Fanpost der Französin Fabienne. Die beschreibt, dass es ihr in Deutschland genau so erging wie der Titelheldin eines der ersten Lieder «Aurelie». Diese wird in Deutschland einfach nicht von den Männern angesprochen.
Die Band spielt noch einmal los, und bei dem Finale hält es Sängerin Holofernes nicht mehr auf dem Stuhl. Sie wickelt ihr Mikrofon vom Ständer und rockt über die Bühne so weit die Kabellänge reicht. Die 460 Leute im ausverkauften Saal wippen, nicken und klatschen mit. Im März gehen Wir sind Helden mit dem Album «Soundso» auf Tour.