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«Wetten, dass...?» «Wetten, dass...?»: Abschied auf Raten

Von TILMANN P. GANGLOFF 12.02.2011, 08:59
Vor einer Großleinwand auf dem Marktplatz von Halle verfolgen Zuschauer die ZDF-Show "Wetten, dass...?" mit der Entscheidung des Showmasters Thomas Gottschalk, die Moderation der Sendung nach der Show auf Mallorca abzugeben. (FOTO: DPA)
Vor einer Großleinwand auf dem Marktplatz von Halle verfolgen Zuschauer die ZDF-Show "Wetten, dass...?" mit der Entscheidung des Showmasters Thomas Gottschalk, die Moderation der Sendung nach der Show auf Mallorca abzugeben. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Halle (Saale)/MZ. - Der Samstagabend begann wie immer. Strahlend begrüßte Thomas Gottschalk das Publikum und Millionen TV-Zuschauer. Als er sagte, "gewisse Dinge" könne man nicht "zwischen Tür und Angel besprechen", ahnte man bereits, dass sich "Wetten, dass..?" diesmal von den 192 früheren Ausgaben unterscheiden würde. Dabei sollte es 30 Jahre nach dem Auftakt eine fröhliche Jubiläums-Show werden. Boulevard-Blätter hatten aber schon spekuliert, Gottschalk werde seinen Rücktritt bekannt geben; sie sollten Recht behalten.

Entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten nahm der Moderator gleich auf jenem Sofa Platz, auf dem er "die besten 25 Jahre meines Lebens verbracht" hat. Von diesem Sofa aus habe er "immer nur gute Laune und Spaß verbreiten" wollen. In Anspielung auf den Unfall Samuel Kochs, der im Dezember beim Versuch, mit Sprungstelzen über fahrende Autos zu springen, schwer gestürzt war und sich vermutlich nie wieder normal bewegen kann, sagte Gottschalk, damals sei "Schluss mit lustig" gewesen.

Schatten auf der Sendung

In den zwei Monaten Bedenkzeit sei er zu dem Entschluss gekommen, er wolle "nicht weitermachen, als wäre nichts passiert." Für ihn liege auf der Sendung ein Schatten; er könne nicht wieder ohne weiteres zu der guten Laune zurückfinden, die man zu Recht von ihm erwarte. Weil er aber nicht "mit so einem traurigen Zusammenhang im Gedächtnis bleiben" wolle, habe er sich entschlossen, sich "nicht im Schock sofort aus dem Staub zu machen". Der Rückzug wird sich also in Raten vollziehen. Im Frühjahr wird Gottschalk noch zwei Ausgaben moderieren. Die aktuelle Staffel endet am 18. Juni auf Mallorca. Aus Anlass des Jubiläums waren für den Herbst zudem drei Spezialausgaben geplant. Diese werden auch Rückblicke auf die Höhepunkte der Show bieten.

Ein kompletter Abschied schwebt Gottschalk offenbar ohnehin nicht vor. 2011 wird er für das ZDF auch noch "Menschen 2011", die Spendengala "Ein Herz für Kinder" sowie den "Echo Klassik" moderieren. 2012, sagte Programmdirektor Thomas Bellut, wolle man die Zusammenarbeit fortsetzen. "Wetten, dass..?" soll es auch weiter geben: mit neuem Moderator und wohl auch neuem Konzept. Jede Sendung mit Gottschalk sei "ein Highlight", betonte Bellut, "für die Zuschauer, aber auch für alle Kolleginnen und Kollegen hinter der Kamera. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Sendung nach Thomas Gottschalk mit einer neuen Moderation anders aussehen wird."

Intendant Markus Schächter bedauert die Entscheidung des Moderators zutiefst, zollt ihr aber großen Respekt. "Wir verdanken Thomas Gottschalk sehr viel", sagte er. "In seiner grandiosen Mischung aus Schlagfertigkeit und fröhlicher Neugier, aus Stilsicherheit, intelligentem Witz und aus Professionalität war er über ein Vierteljahrhundert der perfekte Gastgeber und Präsentator von Europas größter Unterhaltungssendung." Entsprechend groß wird die Herausforderung für den Nachfolger.

Viel spricht für Jörg Pilawa. Der weitere Verlauf des Abends führte aber deutlich vor Augen, dass die Moderation für alle Kandidaten eine Nummer zu groß sein wird. Bei aller berechtigten Kritik an Gottschalk, der in den letzten Jahren immer wieder mal unkonzentriert wirkte: Außer ihm gibt es niemanden, der internationalen Topstars auf Augenhöhe begegnen kann. Selbst Naomi Campbell beschwor ihn, sich seinen Abschied noch mal zu überlegen, er sei doch "eine Institution". Andererseits beweist Gottschalks Entschluss sein Gespür für den richtigen Zeitpunkt. ZDF-Kollege Claus Kleber attestierte ihm, er, habe "ein absolut sicheres Gefühl dafür, wenn es Zeit ist, die Tonart zu wechseln."

Der Nimbus bröckelt

Das gilt auch für den Abschied. Schon seit geraumer Zeit bröckelt der Nimbus von "Wetten, dass..?". Durch Konkurrenz der RTL-Shows "Deutschland sucht den Superstar" und "Das Supertalent" bewegten sich die Zuschauerzahlen zuletzt regelmäßig unter der Zehn-Millionen-Marke. Da ist es fast Ironie, dass Gottschalk am Samstag mit 10,5 Millionen Zuschauern (Marktanteil: 32,1 Prozent) wieder deutlich drüber lag. Sie sahen perfektes Gute-Laune-Fernsehen ohne Leerlauf, einen Moderator, der wie befreit wirkte, und Wetten, bei denen tunlichst auf jedes Spektakel verzichtet worden ist.

Moderator Thomas Gottschalk verbeugt sich vor dem Publikum während der ZDF-Show «Wetten, dass..?». (FOTO: ARCHIV/DPA)
Moderator Thomas Gottschalk verbeugt sich vor dem Publikum während der ZDF-Show «Wetten, dass..?». (FOTO: ARCHIV/DPA)
dpa