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Weimar Weimar: Schlosskapelle soll nach fast 50 Jahren wieder öffnen

Von Jürgen Wutschke 13.04.2011, 12:15
Restauratorin Anja Sichardt steht im Residenzschloss in Weimar beim Festigen von Farbschollen im Deckenbereich der Schlosskapelle. (FOTO: DPA)
Restauratorin Anja Sichardt steht im Residenzschloss in Weimar beim Festigen von Farbschollen im Deckenbereich der Schlosskapelle. (FOTO: DPA) dapd

Weimar/dapd. - Ein stählernesSkelett unterteilt den eigentlich hohen Raum in vier Etagen. Aneiner der Stirnseiten ist die alte Farbe hingegen schon etwasentfernt. Zum Vorschein kommt das farbenfrohe «Engelskonzert» vonHermann Wislicenus. Vor fast 50 Jahren gab es hier das letzteKonzert in der Kapelle. Danach schlossen sich die Tore für dieÖffentlichkeit. Die Klassik Stiftung plant die nächste Aufführung2014.

Bis dahin sollen die Wände gereinigt und konserviert werden. DasStahlinnere wird so weit wie möglich entfernt und derLastenfahrstuhl ausgebaut. Die Holzdecke wird konserviert undetliche Wandverzierungen sind zu erneuern. Die Elektrik wurdebereits entfernt - zur Sicherheit von einem Restaurator.Zwischendurch muss immer wieder das Raumklima penibel gemessenwerden. Ende vergangenen Jahres hatten konservatorischeUntersuchungen begonnen.

Zwtl: Kapelle, Konzertsaal, Archiv

«Wir haben Glück im Unglück», sagt einer der Restauratoren. DieWandmalereien waren damals mit einer Wachsschicht überzogen worden.Die dann in den 60er Jahren aufgetragene Farbe lasse sich mitWasserdampf und Schwämmen vergleichsweise einfach entfernen, ohneden historischen Untergrund zu beschädigen. Und nun sitzen dieExperten auf den Knien und reiben mit Schwämmen vorsichtig überaltes Holz, vergoldete Buchstaben und die übermalten Wände. «Beialler Brutalität ist man dennoch behutsam mit der Substanzumgegangen», erklärt Johann Philipp Jung, Direktor Schlösser, Gärtenund Bauten bei der Klassik Stiftung.

Die Renovierung der in den 30er Jahren des 19. Jahrhundertsgebauten und Palmsonntag 1847 geweihten Schlosskapelle ist einer derersten Akte des 2008 für beinahe zwei Jahrzehnte vorgelegtenMasterplans der Stiftung mit der Stadtschlosssanierung im Zentrum.In den kommenden Jahren werden einzelne Abschnitte des über mehrereJahrhunderte und unter etlichen Herrschern errichtetenGebäudekomplexes restauriert. 1774 war das Schloss letztmals nahezukomplett niedergebrannt.

Zu DDR-Zeiten habe die Schlosskapelle als Sicherheitsarchiv füreinen großen Teil der historischen Buch- und Textbestände gedient,erklärt Regierungsbaumeister Johann Philipp Jung. Dazu wurden Altarund Orgel entfernt und auf den neu eingezogenen Etagen Hochregalemontiert. Letztlich waren die historischen Dokumente feuer- undwassergeschützt. Lediglich die Decke blieb im Original erhalten,auch wenn an den Balken etliche Applikationen fehlen. Doch seiendies Formstücke, die sich gut nachbauen ließen, erläutert er,derweil die Restauratorin Anja Sichardt sogenannte Farbschollen ander Decke sichert.

Zwtl: Sonderführungen über Baustelle geplant

Eine Kirche soll die Kapelle, die ohnehin nie nur sakraleAufgaben hatte, aber nicht wieder werden. Doch auch die letzte derbeiden Gestaltungsphasen wird wahrscheinlich nicht wiedervollständig erreicht. Weder ein Altar noch eine Orgel sollen wiedereingebaut werden.

Und ob sich die Stahlkonstruktion vollständig entfernen lasse,sei noch unklar, sagte Jung weiter. An einer Stelle hätten dieArbeiter ein Stück von etwa einem Quadratmeter aus den Bodenplattenentfernt - und dafür 20 Sägeblätter gebraucht. Und die Stahlstrebenseien fest in der Originalwand verbaut - und zwar mit Beton, derwesentlich härter sei als die ursprüngliche Bausubstanz.

Ab kommenden Mittwoch (20. April) bis Anfang Juni können Besucherin Sonderführungen den Restaurierungszustand der Kapelle betrachten.