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Wehrmachtsausstellung in Berlin Wehrmachtsausstellung in Berlin: Mörderische Befehle

27.11.2001, 15:33
Reemtsma (Archiv)
Reemtsma (Archiv) dpa

Berlin/dpa. - Nach Absetzung der ersten Wehrmachtsausstellung vor zwei Jahrenhaben die Ausstellungsmacher rund um Jan Philipp Reemtsma und seinemHamburger Institut für Sozialforschung einen neuen Ansatz für dieDarstellung eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichtegewählt. «Wir haben uns für einen differenzierten Blick entschieden»,sagt die Leiterin des Ausstellungsteams, Ulrike Jureit.

Nicht mehr großformatige Fotos von Erschießungskommandos undLeichenbergen beherrschen die Schau «Verbrechen der Wehrmacht.Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944» in den Berliner«Kunst-Werken» - es sind vor allem kleine Bilder und lange Texte, mitdenen die Mitschuld der Wehrmacht am Holocaust und denKriegsverbrechen im Osten und Südosten Europas dokumentiert wird. Siewidersprechen dem im Nachkriegsdeutschland gepflegten Bild einer«sauberen Wehmacht».

In Glaskabinen können die Besucher die mörderischen Befehle oderSchilderungen von Zeitzeugen über das wüten der Soldaten in dereinstigen Sowjetunion oder in Griechenland hören.

Minutiös rekonstruiert die Ausstellung die Verstrickung derMilitärs in Hitlers Vernichtungsfeldzug: Von den geheimen Befehlen andas Oberkommando der Wehrmacht, im Osten keine Milde walten zulassen, über den Einsatz der Soldaten bei der Erfassung undVerschleppung der Juden in Ghettos und Konzentrationslager bis hinzum Hungertod von Millionen Sowjetbürgern im «Ernährungskrieg».

Doch anders als die erste Ausstellung, deren Präsentation eine vomHamburger Institut eingesetzte Historikerkommission als «zu plakativund pauschal» kritisiert hatte, möchte die neue Schau einenLichtblick als «Dimension der Zivilcourage» geben, wie Reemstmasagte: Sie erzählt unter anderem die Geschichte des OberstleutnantsJosef Sibille, einem strammen NSDAP-Mitglied, der sich 1941 weigerte,jüdische Kinder und Frauen aus dem Dorf Krutscha in Weißrussland alsPartisanen hinzurichten. Daraufhin übernahm ein andererKompanieführer, Oberstleutnant Hermann Kuhls, das Kommando undbefehligte die Hinrichtung - ohne Protest.