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Walter Moers Walter Moers: Berichte aus einem Parallel-Universum

Von Gero Hirschelmann 26.09.2003, 16:13

Halle/MZ. - Walter Moers ist Schöpfer der Gegenwelt Zamonien. Das Land, aufgespannt zwischen Großem Wald und den Nördlichen Natifftoffen, tauchte zuerst 1999 in "Die 13 1 / 2 Leben des Käpt'n Blaubär" auf - als neue Heimat für den knuffigen Lügenonkel. Nach dessen Befreiung aus dem TV-Kinderprogramm galt es, die skurrilen und nicht mehr ganz jugendfreien Abenteuer konkret anzusiedeln. Das 2000 folgende Märchen "Ensel und Krete" vertiefte die Kenntnisse über "die Wunder, Daseinsformen und Phänomene" Zamoniens. Damals kündigte Moers weitere Berichte vom anderen Ende der Wirklichkeit an. Jetzt sind sie erschienen.

Die Zamonien-Saga, Geschichten aus dem Paralleluniversum der Buntbären und Fhernhachen-Zwerge, geht mit "Rumo und die Wunder im Dunkeln" in die dritte Runde. Wer aber eine Wiederaufnahme der Erfolgs-Story erwartet, wird enttäuscht sein. "Rumo" ist ein weiterer Versuch von Moers, aus der Abteilung für Kinder- und Jugendbücher entfernt zu werden. Anfangs war Zamonien aufregend, aber ungefährlich, mittlerweile wird gehauen, gestochen und gefoltert, dass Minderjährigen von der Lektüre eher abzuraten ist.

Hinzu kommt: Moers will keine in sich schlüssige Handlung über mehrere Stationen anbieten. Vielmehr sind die einzelnen Bände Variationen literarischer Genre. "Käpt'n Blaubär" kann als fantastischer barocker Roman gelesen werden, "Ensel und Krete" als Märchen-Persiflage, laut Moers sind außerdem Ausflüge in Horror- und Schauerliteratur sowie Sciencefiction geplant. "Rumo" ist in der Folge von Paraphrasen der Abenteuerroman. Bei dieser Lust an der Anspielung nimmt es kaum Wunder, dass intertextuelle Bezüge den Roman unüberschaubar durchziehen.

Moers bezieht sich zum ersten auf seine eigenen Werke. So sind der Wolpertinger Rumo und sein Mentor, die Haifischmade Volzotan Smeik, als Nebenfiguren schon in "Käpt'n Blaubär" präsent. Zum zweiten werden andere Texte der meist klassischen Literatur zitiert und umgeformt. Der silberne Faden, dem Rumo auf dem Weg zum Glück folgt, erinnert an die Blaue Blume der Romantik. Zuletzt nimmt Moers auf griechische und germanische Mythen Bezug.

"Rumo" ist so ein fulminantes Puzzle, das nicht unbedingt zusammengefügt werden muss, um Spaß zu machen. Zwar kommt die Handlung anfangs schwer in Gang. Moers versucht hier mit aller Kraft, den letzten Verdacht auf Kindertauglichkeit zu zerstreuen, so dass seitenweise Zyklopen die noch zuckenden Vertreter anderer Arten verspeisen. Die Gewalttätigkeiten nehmen fortan kein Ende, sind aber im Verlauf besser motiviert und in eine vitale, spannungsvolle und fantasiereiche Handlung eingebaut. Walter Moers' "Rumo" macht Lust auf noch mehr dicke Bücher mit opulenter Bebilderung und abseitig-bizarren Ideen. Die Zamonien-Saga kann weitergehen.