Adaption Wagners Ring als Theaterstück uraufgeführt
Eine Uraufführung am Berliner Ensemble: Nach einem vierstündigen Theaterabend gab es viel Applaus, aber auch einige Buh-Rufe.
Berlin - Wagners Ring läuft seit fast 150 Jahren in Dauerschleife durch internationale Opernhäuser.
Den als Gesamtkunstwerk geltenden Vierteiler gibt es nicht nur in unzähligen musikalischen wie dramaturgischen Varianten, der Ring wird auch gern in andere Kunstformen transformiert. Loriot erzählte den Stoff als Parodie, es gibt Ballettversionen, Mundartvarianten und eine Inszenierung mit Playmobilfiguren.
Der österreichische Autor Thomas Köck hat den Ring nun in ein Theaterstück verwandelt. Am Berliner Ensemble war am Donnerstagabend Uraufführung für „wagner - der ring des nibelungen“ (in Originalschreibweise durchgestrichen).
Wie Peter Weiss seinen „Marat/Sade“, lässt auch Köck seine „Ring“-Adaption von Insassen eines Irrenhauses spielen. Siegfried (Paul Zichner) wird zur Behandlung eingeliefert, Göttervater Wotan (Corinna Kirchhoff) ist Anstaltschef, der seine Tochter Brünnhilde (Stefanie Reinsperger) zu Versuchszwecken einsperrt und isoliert.
Köck lässt immer wieder wagnersche Textpassagen durchklingen, knüpft dabei aber stets Verbindungen zu aktuellen Themen. Wo findet sich Wagners Antisemitismus in aktuellen Übergriffen auf jüdisches Leben wieder, ist die umstrittene Schlossrekonstruktion in Berlin nicht eine auf Betrug gebaute Luftnummer wie der Götter Walhall, reduziert sich Wotan am Ende nicht auf einen alten, weißen Mann, der seine Privilegien nicht verlieren mag?
Von der Auseinandersetzung mit dem Ring als Mythos und seiner anhaltenden Wirkung kommt Köck nicht los. „Mythen sind unendlich banal und wahnsinnig mächtig zugleich“, lässt er sich im Programmheft zitieren. Die zwei Seiten finden sich im Stück wieder. Intensive Auseinandersetzungen etwa mit Geschlechterrollen und der Wertschätzung von Menschen wechseln mit zähen Passagen.
Regisseur Ersan Mondtag lässt der sichtbaren Spiellust des Ensembles weitgehend freien Lauf. Dafür hat er ihnen ein Bühnenbild geschaffen, das eine Küche aus der Perspektive eines kleinen Kindes zeigt. Durch diese Puppenstube toben, klettern, balancieren die optisch viel zu klein geratenen Mitglieder des Ensembles in einer Welt, der sie nicht gewachsen zu sein scheinen.
Mondtag bedankte sich per Tweet beim Team. „Dieses Haus hat mit unfassbar großem Aufwand und Lust in beispielloser Zusammenarbeit diese Aufführung trotz schwieriger Pandemieverhältnisse tapfer aus dem Boden gestampft.“ Nach für Wagner-Verhältnisse zwar angemessenen, in zweiten Teil aber etwas zähen vier Stunden Theaterabend gab es viel Beifall für Ensemble und Regisseur, aber auch einige Buh-Rufe für den Autor.