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Von Trotha Von Trotha: Philosophen in der Fleischwirtschaft

Von Steffen Könau 17.12.2004, 18:02

Halle/MZ. - Nie zu verwechseln und nicht immer restlos zu verstehen, dafür aber stets bereit, das Publikum rücksichtslos zu verstören.

Auch beim neuen, inzwischen vierten Album der vier Hallenser, die ihren Namen in Pixelpack von Trotha geändert haben, ist es dabei geblieben. "Harte Männer tanzen nicht", auf dem bandeigenen Label Rotschildt Records erschienen und im Untertitel als Hommage an den Ballett-Tänzer Vaclav Nijinsky ausgewiesen, versammelt elf Stücke zwischen Pop und Pathos, zwischen Paranoia und Parole.

Rilkes "Panther" schleicht hier zu metallischen Klängen durch seinen Käfig, John Lennons "God" wird aufgearbeitet, und Jendryschik, im Hauptberuf Buchhändler und Dichter, reimt "was ist Liebe / was ist Zeit" auf "hundert Jahre Einsamkeit". Dahinter rupft der Gitarrist, der sich "Panzergeneral Wallwitz" nennen lässt, seine Saiten, als wären es Stacheldrähte.

So schallt es, wenn aus "bleischwerem Sarkasmus und einfacher Hässlichkeit eine Mischung aus Leitkultur und neuer deutscher Lächerlichkeit" (Jendryschik) angerührt wird. Ein bisschen Einstürzende Neubauten und ein wenig Laibach, dazu eine Prise Stendal Blast und einen Hauch Nick Cave.

Erst beim genauen Hinhören wird klar: "Volkssturmromantik" und "Talibanbeat", von Von Trotha ehedem bemüht, das eigene Schaffen möglichst vieldeutig zu kategorisieren, sind verschwunden. Die Arbeit der Band für das hallesche Opernhaus, für das sie Musik zum Ballett "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" komponierten, hat die harten Männer Zwischentöne gelehrt. Wo einst Marschmelodik regierte, nähern sich neue Stücke wie "Und einen Augenblick" schon beinahe der landläufigen Vorstellung von einer schmusigen Ballade an.

Aber gar so weit geht es dann doch nicht, trotz freundlicher Unterstützung von Klarinettist Sascha Kachanov und Halles Alt-Star Sieghard Schubert, der im bandeigenen Bergwerk-Studio einige Keyboard-Spuren einspielte.

Von Trotha bleiben sperrig auch im Kuschligen, selbst ernannte Philosophen in der "Fleischfabrik" (Songtitel). Ein Liebesgebet wie "Leg Dich in die Nacht" klingt hier deshalb nicht flehend, sondern fordernd, "Das Rätsel der Begierde" wird nicht erforscht, sondern zu Rammstein-Rhythmen gefeiert. Die Stimme grollt wie Stahlgewitter, die Bässe drücken böse. "Wär' ich ein Gott", singt Judas Jendryschik, "dann läg' ich neben Dir". Klingt wie ein Drohung.