Von Brecht bis Werfel: Die Geschichte der Exilanten
Frankfurt/Main/dpa. - Bertolt Brecht, Thomas und Heinrich Mann, Franz Werfel und Lion Feuchtwanger - sie alle gehören zum Personal im neuen Buch von Michael Lentz. Literatur über Literaten also: Der Schriftsteller erzählt von den Erfahrungen der Autoren, die vor den Nazis ins Ausland fliehen mussten.
Zum Teil auf Umwegen landeten sie allesamt in Kalifornien im Westen der USA. «Pazifik Exil» lautet der Titel des Romans deshalb auch. Das erste Kapitel ist für den Autor oft das schwierigste. In diesem Fall gilt das auch für die Leser. Lentz beschreibt darin etwas umständlich, wie Marta Feuchtwanger in einer Skihütte in Sankt Anton von österreichischen Nazi-Sympathisanten erfährt, dass Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Und dann wird sie auch noch genötigt, mit Himbeergeist darauf anzustoßen.
Dabei ist ihr erster Gedanke der an ihren Mann Lion und daran, dass ihm jetzt nur noch eines bleibt: Exil. Feuchtwanger floh erst nach Frankreich und dann in die USA. Auch Franz Werfel entkam den Nazis auf abenteuerlichen Wegen - die Grenze zwischen Frankreich und Spanien in den Pyrenäen überquerte er heimlich zu Fuß. Lentz schildert das in seinem Roman ausführlich.
«Literaten im Exil» war bisher eher ein Thema für Literaturwissenschaftler, nicht für die Belletristik. Nun versucht Lentz den Brückenschlag und hält sich einerseits an die Fakten, füllt aber mit Fiktion die Lücken, die die Forschung gelassen hat. Oft gelingt ihm das ausgesprochen gut. Im Fall von Brecht zum Beispiel zeichnet der Roman dessen melancholische Anwandlungen und zwiespältigen Gefühle in der fremden neuen Heimat gekonnt nach.
Aber das Niveau lässt sich nicht immer halten: Vor allem das Porträt Alma Mahler-Werfels hat eher parodistische Züge. Franz Werfels Ehefrau erscheint als blasierte, hysterische Zicke, deren einzige Sorgen während der Flucht vor den Nazis zu sein scheinen, ob ihr Gatte zu viel Zigarre raucht und ob Heinrich Mann bei ihren langatmigen Geschichten wohl aufmerksam zuhört. Andererseits gibt es auch viele starke Passagen, die eindrücklich schildern, was der Verlust von vertrauter Umgebung, Freunden und Leserschaft für Schriftsteller bedeutet. Lesenswert und interessant ist der Roman deshalb in jedem Fall.
Michael Lentz: Pazifik Exil S. Fischer, Frankfurt/Main 460 S., Euro 19,90 ISBN 978-3-1004-3925-3