USA USA: Jerome David Salinger gestorben

New York/dpa. - Kein Wunder, dass «Der Fänger im Roggen» angefeindet undverpönt und zum Teil sogar verboten wurde. Ein Kultbuch wurde «TheCatcher in the Rye» dennoch und es beeinflusste eine ganzeJugendgeneration. Es artikulierte Rebellion, Jahre vor James Dean undJahrzehnte vor den Rolling Stones und den Vietnam- Demonstrationen.Der einzige Roman von J. D. Salinger war ein Welterfolg. Jetzt istder Autor mit 91 Jahren gestorben.
Geboren wurde Jerome David Salinger am ersten Tag des Jahres 1919als Sohn eines New Yorker Juden und einer schottisch-irischenKatholikin, die aus Leibe konvertierte. Der Vater schickte den jungenMann einige Monate zur Verwandtschaft nach Europa, wo er in Wiennicht nur Deutsch, sondern auch das Fleischerhandwerk lernte. Dochdie Passion Salingers waren die Worte. Schon als Kadett in einerMilitäranstalt veröffentlichte er erste Texte in derSchülerzeitschrift, als Student waren es Kurzgeschichten. Auch alsSoldat in Frankreich schrieb Salinger weiter. EinKriegsberichterstatter bescheinigte ihm in Paris ein «verdammtesTalent». Der Mann musste es wissen - es war Ernest Hemingway.
Nach dem Krieg arbeitete Salinger noch eine Weile füramerikanische Behörden in Deutschland. Doch vor allem schrieb er.1951 - in Europa hatte man wieder satt zu essen, in Amerika wurdenein Auto oder ein Fernseher zum Statussymbol des Mittelstandes -veröffentlichte Salinger dann «Der Fänger im Roggen». Darin erzähltein 16-Jähriger, wie er vom Internat geflogen ist, sich einWochenende und den darauffolgenden Montag vor der Heimkehr nach Hausedrückt und stattdessen die Zeit in Salingers Heimatstadt New Yorktotschlägt. Zuweilen scheint es wie eine Drei-Tages-Pubertät, dochHolden Caulfield rebelliert vor allem gegen das Spießige, dasNormale, das Heuchlerische, die Erwachsenenwelt - an derenAnerkennung ihm doch so viel liegt.
«Der Fänger im Roggen» verkaufte sich in den ersten drei Jahrenzehn Millionen Mal. Noch heute gehen weltweit jedes Jahr mehr als 200000 Exemplare über den Ladentisch. Selbst mit Goethes «Werther» wurdees verglichen. Entsprechend erscheint es in Ulrich Plenzdorfs «Dieneuen Leiden des jungen W.». Das Buch lockte aber auch andere an: DerDoppelmörder Charles Manson hatte eines ebenso wie der Reagan-Attentäter John Hinckley und der Terrorist Theodore Kaczynski. Undals Mark David Chapman im Dezember 1980 John Lennon erschoss, trug erseinen «Catcher» sogar bei sich - weil er sich so mit Caulfieldidentifiziere.
Salinger äußerte sich zu solchen Dingen kaum. Seit 57 Jahren lebteer abgeschirmt hinter hohen Zäunen in Cornish im stillen NewHampshire. Anfangs veröffentlichte er noch Kurzgeschichten, dieletzte aber schon vor 45 Jahren. Zuletzt trat er vor einem halbenJahr in die Öffentlichkeit, als er eine Fortsetzung seines Romansverbieten ließ.
Seine Tochter Margaret schreibt in ihrem Buch «The Dream Catcher»,der berühmte Vater sei sehr liebevoll, aber auch pathologischselbstsüchtig gewesen. Sein Arbeits- und Schlafzimmer habe sie«vielleicht zweimal in meinem Leben» betreten dürfen. Zuletzt schriebSalinger viel, doch nur für sich. Das, schreibt Margaret, habe anseiner Angst vor jeglicher Kritik gelegen.