Nach überraschendem Tod von IaF-Star Ursula Karusseits: Buch "Zugabe" vom In aller Freundschaft-Star erscheint

Berlin - „Die letzten Korrekturen am Buch hatte sie gerade erledigt. Sie rief an: „Ich habe noch was rausgesucht. Wann treffen wir uns?“ Die Verabredung sagte ihr Mann ab. Ursula Karusseit musste ins Krankenhaus. „Aber Sie sollen sie anrufen!““
Mit diesen Vorbemerkungen des Verlags beginnt ein Buch, das die Autorin eigentlich dieser Tage selbst auf einer Lesetour präsentieren wollte. Doch die Autobiografie erscheint nun posthum. Ursula Karusseit ist am 1. Februar gestorben. Im August wäre sie 80 Jahre alt geworden.
In „Zugabe“ (Neues Leben/Berlin) kann der Leser nun auf das Leben der fleißigen Schauspielerin zurückblicken. Sie schildert es in kurzweiligen Kapiteln. Der Schwerpunkt liegt auf der DDR-Zeit. Die Autorin beschreibt viele ihrer markanten Frauenrollen - und gewährt auch Einblicke in ihr Privatleben.
Doch zuerst stellt Karusseit, die viele Jahrzehnte auf Theaterbühnen verbrachte, aber Jüngeren vor allem aus der TV-Serie „In aller Freundschaft“ bekannt ist, klar: „Berühmtheit und Popularität waren jedenfalls nie mein Motiv, Schauspielerin zu werden. Ich sehe den Schauspielerberuf in der Reihe mit den anderen Berufen. Die eine ist Friseuse, der andere Tischler, ich bin Schauspielerin.“
Ursula Karusseit begann ihre Karriere am Theater
Sie war in jungen Jahren süchtig nach der Bühne: Als Studentin ging sie jeden Tag ins Theater. „Und als ich später fest an der Volksbühne engagiert war, saß ich auch jeden Tag dort, egal ob ich nun am Abend selbst spielte oder nicht. ... Ich habe mich immer geärgert, wenn wir Pause machen mussten, selbst die Weihnachtsfeiertage störten mich.“
Ihr Beruf eröffnete ihr auch Möglichkeiten, von der viele andere DDR-Bürger jahrzehntelang nur träumten. 1966, als 27-Jährige, durfte sie mit der „Drachen“-Inszenierung des Deutschen Theaters nach Paris. Kaum zu glauben ist, wie sie die Tage in der Metropole westlich der Mauer verbrachte: „Ich traute mich nicht raus aus dem Theater, hatte Angst, mich zu verlaufen, weil alles so überwältigend war, aber auch, weil ich kein Französisch sprach. ... So saß ich fast eine Woche lang im Bistro und trank Tomatensaft.“
Lange war Karusseit an der Volksbühne engagiert - unter Intendant Benno Besson, der sie beruflich und privat prägte: „Ich wollte diesem Regisseur natürlich Genüge tun, wollte auch gut sein. ... Ich bin durchaus ein Produkt von ihm.“ Eines Tages stand der in der DDR arbeitende Schweizer dann überraschend vor der Tür, als sie gerade bei ihren Eltern in Gera zu Besuch war. Er fragte, „ob wir nicht mal ein Bier gemeinsam trinken wollten. Dafür kam er bis nach Gera?“
Ursula Karusseit: Karriereschub nach Abschied von der Volksbühne
Drei Jahre nach diesem Überraschungsbesuch kam der gemeinsame Sohn Pierre auf die Welt - er ist ein jüngerer Halbbruder von Katharina Thalbach (65), beide haben den gleichen Vater. Karusseit und Besson heiraten. Acht Jahre danach, 1976, erfährt sie, dass er sich in die junge Schauspielerin Coline Serreau verliebt hat. Ein Schock. „Für mich war unsere Liebe für die Ewigkeit. ... Ich war erst fünfunddreißig, da ist man noch sehr jung.“
In den 80er Jahren kam Unzufriedenheit in ihrem Beruf hinzu. Besson hatte die Volksbühne verlassen. „Ich hatte Mitte der Achtziger kein Stück mehr, bei dem ich von Anfang an dabei war. ... Immer nur Lückenbüßer, immer nur Ersatz - diese Situation zog mich so runter, ich wurde immer unproduktiver.“
Die Volksbühne habe in jener Zeit mit langweiligen Inszenierungen vor sich hingedümpelt. Karusseit kündigt, bekommt aber schnell neue Angebote von anderen Häusern, etwa dem Schauspielhaus Köln. Dort merkt die DDR-Bürgerin: „Die kochen hier auch nur mit Wasser. Nicht nur in Sachen schauspielerisches Handwerk.“
„Usch“ Karusseit resümiert: „Vieles, was heutzutage unter urbanem Theater firmiert, ist mir fremd geworden.“ Viel spannender seien die freien Bühnen. Bei ihr selbst sei die Lust zu spielen noch ungebrochen, schreibt die 79-Jährige, die mit ihrem zweiten Mann, dem Beleuchter Johannes Wegner, in Brandenburg lebte. Es spreche sich natürlich herum, dass sie nicht mehr ganz gesund sei - und daher nähmen die Angebote ab. Aber: „Einfach aufhören, meinen „Ruhestand“ genießen, das ist nichts für mich.“ (dpa)