Unterwegs mit dem Dalai Lama: Fotograf Manuel Bauer
Hamburg/dpa. - Er durfte dem Dalai Lama so nahe kommen, wie sonst kein anderer Westler: Bei der traditionellen Befragung der Orakel, beim Training auf dem Laufband oder bei der Frühmeditation. Seit 1990 begleitet der Schweizer Fotograf Manuel Bauer das geistliche und weltliche Oberhaupt der Tibeter.
Zunächst nur bei offiziellen Anlässen, später wurden die beiden so vertraut - der Dalai Lama bezeichnet den 40-Jährigen als seinen Freund - dass Bauer den Friedensnobelpreisträger als «offizieller Fotograf» auf mehr als 40 Reisen begleiten durfte. Auch beim zehntägigen Deutschland-Besuch des Dalai Lama, der am Donnerstag in Hamburg beginnt, wird der Schweizer wieder dabei sein. Seine Arbeiten sind bis zum 28. August in der Hamburger Galerie Flo Peters im Chilehaus zu sehen.
«Das, was mich am Dalai Lama am meisten beeindruckt, ist seine Wahrhaftigkeit», sagt der sympathische Fotograf mit den stahlblauen Augen. «Er ist jemand, der 100-prozentig sagt, was er denkt und tut, was er sagt.» Schon früh morgens um 3.30 Uhr durfte der Schweizer dabei sein, wenn der «Ozean der Weisheit» jeden Morgen seine mehrstündigen Meditationen beginnt. «Wenn der Dalai Lama auftritt, erleben wir ihn als heiteren Mönch, immer gut gelaunt. Doch das kommt nicht von ungefähr. Diese Heiterkeit auch in den schwierigsten Situationen zu bewahren, das ist hohe Philosophie und verlangt viel Arbeit und eine enorme Disziplin.»
Begonnen hat Bauer in den 80er Jahren als Werbefotograf. «Doch ich schlief immer öfter schlecht und sah mich abends Flugblätter gegen den Kommerz verteilen, den ich tagsüber mit meinen Bildern verherrlichte», erzählt der jugendlich wirkende Fotograf. Deshalb wandte er sich dem Journalismus zu, ein Kollege nahm ihn das erste Mal mit in die tibetische Diaspora in Indien. Seine Reportage «Flucht aus Tibet» über die sechsjährige Yangdol, die an der Hand ihres Vaters über einen 5716 Meter hohen Himalayapass nach Indien floh, wurde preisgekrönt. «Ich dachte, wenn ich beweisen kann, dass Menschen ihr Leben riskieren, um ihre Heimat zu verlassen, dann kann ich beweisen, dass in diesem Land etwas nicht stimmt.»
Irgendwann hatte Bauer den Wunsch, die Persönlichkeit des Dalai Lama visuell einzufangen. «Ich wollte mit Hilfe der Fotografie herausfinden, wer er wirklich ist.» Auch wenn er zunächst Angst hatte, dadurch sein Idealbild vom Friedensnobelpreisträger zu zerstören. «Doch das passierte nicht. Der Dalai Lama lebt hundertprozentig die Werte, für die er steht. Es gibt nicht einen Dalai Lama auf der Bühne und einen hinter den Kulissen. Alles basiert auf der Idee des Mitgefühls. Er hat geschworen, nur Gutes zu tun, nur für die anderen da zu sein. Und das kriegt er hin. Das macht er mit einer überzeugenden Kraft bis in seine Träume.»
Beeindruckt ist Bauer auch von der Art und Weise, wie der Dalai Lama mit anderen Menschen umgeht. Es spiele keine Rolle, ob er Präsident Bush oder einem Straßenmädchen begegnet. «Es ist immer eine Begegnung von Mensch zu Mensch. Natürlich spricht er mit Bush über etwas anderes als mit dem Straßenmädchen. Aber er sieht in ihm nicht den Politiker, sondern den Menschen.» Und es sei frappierend, was das für eine Dynamik habe. «Die Menschen können sich dem nicht verwehren. Der Dalai Lama ist so sehr Mensch, dass auch sie ihre Masken fallen lassen und Mensch werden.» Bauer, der selber kein Buddhist ist, meint: «Vielleicht ist der Dalai Lama eine Wiedergeburt der Gottheit des Mitgefühls. Vielleicht ist er ein normaler Mensch. Aber er ist auf jeden Fall ein lebendes Beispiel, dass der Mensch es weit bringen kann.»