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Udo Lindenberg Udo Lindenberg: Sonderzug nach Pankow fährt am 14. Juni

Von Ulrike von Leszczynski 02.04.2008, 08:04
Rockstar Udo Lindenberg präsentiert ein Modell seines «Sonderzugs nach Pankow». (Foto: dpa)
Rockstar Udo Lindenberg präsentiert ein Modell seines «Sonderzugs nach Pankow». (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - 18 Jahre nach dem Mauerfall kommt ein Sonderzug nach Pankow noch immer schwer in Fahrt. Da gab es die nette Idee, Udo Lindenberg zum 25-jährigen Jubiläum seines rotzfrechen Liedes über den «Oberindianer» Erich Honecker zu einer Zugfahrt in den Ostberliner Bezirk Pankow einzuladen. Doch dieser Sonderzug wärebeinahe aufs Abstellgleis gerollt - als Ergebnis einer Provinzposse zwischen dem rot-rot dominierten Pankower Bezirksparlament und einer strebsamen CDU-Minderheit. Doch langsam stellen sich die Signale auf Grün. Eine historische S-Bahn soll am 14. Juni nach Pankow fahren. Udo Lindenberg ist als Stargast herzlich eingeladen.

Das klassische Pankow hat die Gemüter durch die Geschichtehindurch eher selten erhitzt. Es gibt dort ein Preußenschloss,Dichter und Künstler pflegen gutbürgerliche Traditionen in gediegenerVorstadt-Atmosphäre. Nur in den 50er Jahren machte Pankow wirklichSchlagzeilen: als Sitz und Wohnort der ersten DDR-Regierungsgrößen,deren Nachfolger später nach Wandlitz umsiedelten. «Pankoff» sprachder rheinische Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) den Ortsnamendamals nicht gerade korrekt aus, es klang immer ein wenig wieHundegebell. Pankow wurde zu einem Synonym für den Kalten Krieg. Soverstand auch Lindenberg 1983 den Begriff Pankow als Sitz der«Oberverbrecher der SED», wie er heute noch sagt. «Da saßen sie undspäter saßen sie im Knast», ergänzt er.

Auch diese Zeiten sind nun vorbei. Und doch hat die launige Fest-Idee zum Hit-Jubiläum die Atmosphäre im Pankower Bezirksparlamentzeitweise schockgefrostet. Im Kern ging es darum, im Pankower Zentrumeine Bühne aufzubauen und Lindenberg nach der Sonderzugfahrt dortsingen zu lassen. Natürlich auch über Honecker, dem der Rocksängervor 25 Jahren unter anderem die Zeilen «und schließt dich ein auf'mKlo und hörst West-Radio» andichtete. Auf beiden Seiten der Mauerlachten die damals Deutschen über Lindenbergs respektlos-humorvollenmusikalischen Antrag auf eine DDR-Auftrittsgenehmigung.

Über einen Antrag der Pankower CDU zum geplanten Sonderzug-Festhat sich das heutige Bezirksparlament weit weniger amüsiert. Als dieChristdemokraten im Ost-Bezirk das Bezirksamt bitten wollten, für dasFest zu werben und Lindenberg offiziell einzuladen, sprach die rot-rote Mehrheit schnaubend von «politischer Instrumentalisierung». DieGrünen meinten in Lindenberg-Manier, man solle die ganze Sache dochlocker sehen. Sonst hieße es noch: Genossen stoppen erneut Sonderzugnach Pankow. Das waren genau sechs Worte zu viel, und rot-rot kippteam Jahresende den CDU-Antrag.

Daraufhin klangen Kommentare in den Blogs der Hauptstadt-Zeitungen, als sei der Kalte Krieg in eine heiße Phase getreten.Fragen mit dem Stichwort «Sonderzug» entlocken Mitarbeitern imPankower Bezirksamt noch immer leise Stoßseufzer. Das sei einPolitikum, ein Fall für das Bezirksoberhaupt, Bürgermeister MatthiasKöhne (SPD). Er gibt sich diplomatisch. Der geplante Sonderzug nachPankow sei keine Frage der politischen Auseinandersetzung mehr,betont Köhne. Er werde gern die Schirmherrschaft für das Festübernehmen. War alles nur eine Art Berliner Provinzposse? DerBürgermeister muss lachen. Dann sagt er: «Es gibt ja öfterKommunalparlamente, die meinen, sie müssten jetzt mal wiederBundestag spielen.»

Augenscheinlich hat der Humor in Pankow gesiegt. Die Einladung anUdo Lindenberg sei lange heraus, sagt der CDU-Abgeordnete JohannesKraft. Allerdings nicht im Namen des Bezirks, sondern im Namen der«Interessengemeinschaft Sonderzug nach Pankow», die das Fest auchfinanziere. Im Internet wirbt die Gemeinschaft in hoffnungsvollemGrün. Es sehe ganz gut aus, mit einer Zusage Lindenbergs, sagt Kraft.

Ganz falsch kann er damit nicht liegen. «Ich finde das sehrinteressant und würde gern mal wieder nach Pankow kommen», sagt Alt-Rocker Udo Lindenberg (61). Zuletzt sei er vor ein paar Jahren dortgewesen, auch am Bahnhof. Es gibt ja schließlich nicht nur denSonderzug, sondern auch neue Songs. Lindenberg hat gerade sein Album«Stark wie Zwei» herausgebracht. Doch auch er hat natürlich vom«Palaver» im Bezirk gehört und empfindet die ganze Aktion im Momentnoch als etwas nebulös. «Im Gemeindeparlament ist so mancher, derimmer noch pennt», reimt er vergnügt.