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Letzte Sendung "Zimmer frei!" "Zimmer frei!": Letzte Sendung läuft am Sonntagabend im WDR

Von Anne Burgmer 25.09.2016, 07:32

Köln - Christine Westermann ist schon den Tränen nahe, bevor es richtig losgeht. „Wenn Sie nicht wollen, dass ich weine, dann dürfen Sie jetzt nicht klatschen“, ruft sie am Mittwochabend dem Publikum im WDR-Studio in Bocklemünd noch vor Beginn der Show zu. Ab diesem Moment ist klar: Der Abschied von „Zimmer frei!“ in einer XXL-Version mit 15 prominenten Gästen wird eine emotionale Achterbahnfahrt, die sogar den sonst immer fröhlichen Götz Alsmann durcheinander wirbelt.

Als Anne Will ihn fragt: „Warum macht ihr nicht noch 20 Jahre weiter, wenn ihr so geliebt und verehrt werdet?“, wird er plötzlich ernst: „Wir reden immer um den heißen Brei herum. Natürlich ist es ein Gefühl von Melancholie. Heute werden wir wie die Könige behandelt. Ich möchte lieber so gehen, als irgendwann wie ein Köter vom Hof gejagt zu werden.“

Als „Zimmer frei!“ vor 20 Jahren startete, sah nicht viel danach aus, dass ausgerechnet diese Show zum Aushängeschild der WDR-Unterhaltung werden sollte. Eigentlich sollten Westermann und Alsmann damit nur sechs Wochen Sommerpause füllen. Es kam anders. Die Idee ist denkbar einfach: Die beiden Gastgeber sind Bewohner einer fiktiven Wohngemeinschaft, für die sie einen Mitbewohner suchen. Die prominenten Kandidaten müssen sich dann in albernen Spielchen beweisen. Sie haben das „legendäre Zimmer-frei-Bilderrätsel“ zu lösen und machen Hausmusik mit Götz Alsmann. Und etwas zu essen und trinken – vor allem viel Alkohol – gibt es auch noch. Klingt harmlos, war es aber nicht. Viele Prominente hatten ordentlich Respekt, sich eine Stunde in das Studio zu setzen.

Auf den ersten Blick wirkte die Show immer wie ein Kindergeburtstag, bei dem die Gäste den Schlüssel zum Schnapsschrank gefunden haben. Laut, bunt, völlig überdreht. Und Götz Alsmann tat alles, um mit albernen Kopfbedeckungen und schlechten Witzen diese Stimmung noch zu befeuern. Hätte „Zimmer frei!“ nur daraus bestanden, dann hätte sich die Show rasch totgelaufen.

Pausenclown und seriöse Journalistin

Doch dann kam Christine Westermann ins Spiel. Sie, die seriöse Journalistin, wirkte immer ein wenig deplatziert in der bunten Kulisse. Wo Alsmann den Pausenclown mit ADHS gab, wollte sie in die Tiefe gehen, nachbohren, auch mal still werden. Und meistens gelang ihr das auch. Die beiden waren der größtmögliche Gegensatz, und genau das war das Erfolgsgeheimnis von „Zimmer frei!“: Klamauk und Kultur, Oberflächlichkeit und Tiefgang. Hier ging alles und ergänzte sich sogar.

Wer Selbstironie besaß und bereit war, sich auch mal zum Affen zu machen, der konnte beim Publikum punkten. Wer versuchte, sich zu verstellen, der flog irgendwann auf. „Man wird selten so auseinander genommen. Man denkt, die kriegen dich. Man kann sich nicht verstellen“, sagt Schauspieler Oliver Mommsen in der Abschiedsshow. Wer sich öffnete, konnte sich darauf verlassen, trotz aller Spielereien ernst genommen und nicht vorgeführt zu werden. Denn anders als in vielen anderen Formaten, ging es hier nie darum, sich zu entblößen. Das Publikum und die Moderatoren wollten mit dem Gast lachen, nicht über ihn. Meisten gelang das, auch wenn ein paar Shows gründlich in die Hose gingen, etwa als Martin Sonnenborn die ganze Zeit in seiner Rolle als Vorsitzender der Satire-Partei „Die Partei“ blieb. Doch das waren Ausnahmen.

Deko kommt ins Haus der Geschichte

Alsmann und Westermann betonen, dass man die Entscheidung, die Show zu beenden, gemeinsam mit dem WDR getroffen habe. Der öffentlich-rechtliche Sender geht damit ein großes Wagnis ein. Man will sich verjüngen, neue Formate produzieren, doch das Haus muss sparen. Wenn Neues her soll, muss Altes weichen. Dafür ist man auch bereit, die vielleicht stärkste Marke des Senders zu opfern. Aber möglicherweise ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören. Anarchie kann man nicht auf ewig aufrechterhalten, irgendwann schleicht sich Routine ein, das war in den vergangenen Jahren auch bei „Zimmer frei“ zu spüren. Und jede Wohngemeinschaft kommt irgendwann an den Punkt, an dem die Mitbewohner merken, dass ein neuer Lebensabschnitt ansteht.

Dieser Abschied wurde dann zum Glück noch mal eine riesige Party. Er sei dankbar, dass er diesen Abend miterleben durfte, sagte Oliver Mommsen nach der Aufzeichnung. „Die beiden waren eine magische Mischung.“ Man sei Teil eines Stücks Fernsehgeschichte gewesen. Und dass er damit Recht hat, ist nun sogar offiziell: Teile der „Zimmer frei“-Dekoration werden ins Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nach Bonn gehen, was Christine Westermann besonders freut: „Darauf bin ich fast ein bisschen stolzer als auf den Grimme-Preis.“

Die große Abschiedsshow von „Zimmer frei!“ zeigt der WDR am Sonntag um 22.15 Uhr, danach folgt ein Making of. Am 2. und 9. Oktober ist ab 22.45 Uhr ein jeweils 60-minütiges „Zimmer frei!“-Best of im Programm.