Wellness für Paare

Stuttgart - Sauna, Dampfbad, Whirlpool. In den meisten besseren Hotels finden Gäste inzwischen einen Wellness-Bereich. In dem Hotel, das Schauplatz des Fernsehfilms „Wellness für Paare” ist, gibt es so einen Spa-Bereich auch.
Neben der körperlichen bietet das Haus aber auch seelische Wellness an - in Form einer Paartherapie. Ungewöhnlich macht die hochkarätig besetzte Beziehungskomödie aber etwas anderes: Sämtliche Schauspieler agieren ohne festes Drehbuch. Das Ergebnis ist an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) im Ersten zu sehen.
Ausgangspunkt sind fünf Paare um die 40, die sich eigentlich erholen wollen - und sich schließlich mehr oder weniger freiwillig in einer Paartherapie wiederfinden.
Die Schauspieler - darunter Anke Engelke, Bjarne Mädel, Devid Striesow, Michael Wittenborn, Sebastian Blomberg und Anneke Kim Sarnau - haben sich nach Angaben des für den Film zuständigen Westdeutschen Rundfunks (WDR) zwar zuvor getroffen und ihre Rollen grob besprochen, ansonsten improvisieren sie aber. Herausgekommen sind 111 Stunden Filmmaterial - die auf 90 Minuten Fernsehfilm-Länge geschnitten werden mussten.
Was allen Paaren gemeinsam ist: Im Laufe der Therapie steht ihre Beziehung auf der Kippe - und das ist durchaus realistisch. „Ich habe mich vorher mit Therapeuten unterhalten, und das sind alles Fälle, von denen sie wussten, die also einen wahrhaftigen therapeutischen Hintergrund haben”, sagt der Regisseur Jan Georg Schütte, der bereits mit „Altersglühen” einen Film ohne festes Drehbuch gemacht hat. Auch die Therapeuten selbst haben ihm zufolge Erfahrung. Alle drei haben eine entsprechende Ausbildung, auch wenn nur einer hauptberuflich in dem Bereich tätig ist.
Anke Engelke verkörpert in „Wellness für Paare” eine Frau um die 50, die keine Kinder will und sich dafür inzwischen auch als zu alt empfindet. Das Problem: Ihr deutlich jüngerer Freund möchte Nachwuchs. Das Paar steht nun vor der Frage: Deswegen trennen oder nicht? Und ist es mit 50 vielleicht doch nicht zu spät für Kinder?
Die Szenarien sind so vielfältig und teils doch so gängig, dass sich wohl so mancher Zuschauer wiedererkennen dürfte. Da wäre zum Beispiel das Paar, das seit der Schulzeit zusammen ist - und sich fragen muss, ob es das in Liebesdingen schon gewesen ist. Oder das Paar, das verzweifelt versucht, Kinder zu bekommen, aber an dem Scheitern fast zerbricht. Ebenso authentisch ist der Fall eines betagteren Paares aus dem Münsterland: Michael Wittenborn verkörpert einen Gardinengroßhändler, der seiner Frau nach 25 Jahren Ehe eine Affäre beichtet. Der „Tatort”-Ermittler Devid Striesow spielt indes einen Mann, der seiner Freundin gestehen muss, dass er pleite ist.
Die einzelnen Episoden sind dabei gleichermaßen zum Lachen und zum Weinen. Denn zum einen sind die Beziehungsstreitigkeiten herrlich normal dargestellt. Zum anderen dürfte gerade die Authentizität bei so manchem Zuschauer ein beklemmendes Gefühl hinterlassen - eben weil die Szenarien so dicht an der Realität sind.
Tatsächlich scheint es zunächst so, dass es sich bei der Paartherapie eher um eine begleitete Trennung handelt. Letztlich kriegen aber alle noch die Kurve und raufen sich - und das ist mal mehr und mal weniger realistisch - wieder zusammen.
Dass das Ganze ohne festes Drehbuch entstanden ist, merkt man dem Film nicht an. Nachdenken, Füllwörter oder Protagnisten, die erstmal den Raum verlassen - all das fällt in einer Therapie-Situation nicht weiter auf. Zugleich ist es wohl gerade das Nicht-Einstudierte, das die Szenarien so packend macht.
Anke Engelke hatte keine Bedenken, auf diese Weise zu arbeiten, wie sie in einem ARD-Interview erzählt. „Wenn man bei seiner Rolle bleibt und sich natürlich in ihr bewegt, kann ja nix schief gehen, man kann ja, wenn's doof wird, schweigen oder einschlafen oder weggehen”, sagt sie - und sieht noch einen weiteren Vorteil: „Wo kein Drehbuch ist, gibt's auch keine Texthänger oder Versprecher.” (dpa)