Vadder, Kutter, Sohn
Berlin - Über die Dorfstraße brettert der Trecker. In der Dorfkneipe schmettert der Shanty-Chor seine Lieder. Lenny (Jonas Nay) ist alles andere als erbaut davon, wieder in seinen kleinen norddeutschen Heimatort und zu seinem Vater Knud (Axel Prahl) zurückkehren zu müssen.
Also erstmal 'ne Buddel Alkohol im Laden des Dörfchen mitgehen lassen. „Vadder, Kutter, Sohn” heißt die witzige Familienkomödie mit leicht melancholischen Untertönen, die das Erste am Freitag (6. Oktober) um 20.15 Uhr zeigt.
Vater Knud hat sich in dem Küstenörtchen in Dithmarschen eine etwas zweifelhafte Easy-Going-Existenz aufgebaut - illegale Sportwetten, dubiose Wünschelruten-Gänge für potenzielle Grundstückskäufer, dazu ein bisschen Krabbenfischerei. Mit voller Kraft kämpft Knud einzig für seinen geliebten Shanty-Chor, der zum 100-jährigen Bestehen eine Plakette ersingen soll. Qualitativ genügen die Sänger nach Ansicht der „Tante von der Kreisverwaltung” aber den Ansprüchen bei weitem nicht. „Drittklassiker Altherrenclub”, lautet die vernichtende Bewertung.
Warum Sohn Lenny jetzt - nach langen zehn Jahren - wieder Kontakt zu Knud sucht, darüber werden auch die Zuschauer erstmal im Unklaren gelassen. Klar ist aber, da ist noch ein Rechnung offen. Die Nordlichter Axel Prahl (Hauptkommissar Frank Thiel aus dem Münsteraner „Tatort”) und Jonas Nay („Deutschland 83”, „Tannbach - Schicksal eines Dorfes”) sind die ideale Besetzung für die Geschichte.
Prahl (57), geboren in Eutin in Schleswig-Holstein, und der gebürtige Lübecker Nay (27) haben den knappen, norddeutschen Ton einfach drauf. Besonders Knud pflegt mit seinen Mitmenschen recht rustikale Umgangsformen. Lenny arbeitet in Hamburg als Friseur und ist nach Ansicht seines Vaters deshalb natürlich schwul. Wunderbar ist die Begegnung Lennys mit einem alten Schulfreund, der seine großen Lebensträume inzwischen offenbar begraben hat und nun im Dörfchen ganz bürgerlich lebt.
„Doch nicht Neuseeland?”, fragt Lenny seinen Kumpel. „Ja, nö, Wasserwirtschaftsamt”, antwortet der alte Freund leicht desillusioniert. Im Garten des frisch erbauten, etwas spießigen Eigenheims führt er Lenny gerne seinen neuen Mähroboter vor - der allerdings gerade „Ladepause” hat. Solche kuriosen, knappen Dialoge machen einen Großteil des Spaßes von „Vadder, Kutter, Sohn” aus.
Nay spielt den „verlorenen Sohn” als sympathischen Loser. Genauso wie Prahls kantiger Knud merkt er im Laufe der Zeit, dass man für die Familie ab und zu über den eigenen Schatten springen muss. Und dass man seine Heimat nicht einfach abstreifen kann für ein neues Leben.
Auch wenn die Story ingesamt etwas ereignisarm ist - „Vadder, Kutter, Sohn” (Regie Lars Jessen) lebt von seinem bis in die Nebenrollen mit Charakterköpfen besetztem, hervorragendem Schauspielerensemble. Und seinem herrlich lakonischen Humor. (dpa)