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Münsteraner "Tatort" "Tatort Fangschuss" aus Münster: Kann man wirklich im Darknet einen Killer bestellen?

Von Magdalena Kammler 02.04.2017, 19:30

Halle (Saale) - Die Schauspieler Axel Prahl und Jan Josef Liefers sind genervt. Schon wieder hat die „Leiche“ nicht still gehalten. Und nicht nur das, jetzt hat sie auch noch einen Fahren lassen. Keine leichte Sache, so einen Toten zu spielen. Das Münsteraner Tatort-Team hat es tatsächlich nicht leicht an diesem Drehtag für die Folge „Fangschuss“. 90 Minuten dauert es, bis die kurze Szene endlich im Kasten ist. Selbst für die geduldserprobten Schauspieler eine zähe Angelegenheit.

Bei der Leiche handelt sich jedoch nicht um irgendeinen Schauspieler. Guido Cantz (Moderator von „Verstehen Sie Spaß?“)  hat sich gekonnt in das Tatort-Team eingeschlichen, von der Maske unkenntlich machen lassen und  nun sichtlich Spaß daran, mit jeglicher Art von Geräuschkulisse, den Raum zu erfüllen. Das Tatort-Team nimmt es letztendlich mit Humor.

Guido Cantz spielt kurz den „Tatort“-Toten

Gerichtsmediziner Boerne, alias Jan Josef Liefers, versucht sich in „Fangschuss“ am Gewehr. Ein ungewöhnliches Bild, überhaupt eine ungewöhnliche Mischung: Den leidenschaftlichen Wissenschaftler und selbstverliebten Boerne hat das Jagdfieber gepackt. Allerdings auch nur aus einem Grund. Er möchte Kontakt zu einer Forscherin knüpfen, die gleichzeitig Jägerin ist und gerade ein Serum gegen Haarausfall entwickelt. Der eitle Boerne, von den ersten kahlen Stellen auf dem Hinterkopf geschockt, hat daher nur ein Ziel: dieses Serum. Die Jagdprüfung: Mittel zum Zweck.

Im theoretischen Teil brilliert schließlich Boerne. In der Praxis macht der Gerichtsmediziner allerdings trotz englisch eleganter Jagdkleidung keine gute Figur. Man kann sich gut vorstellen, wie Boerne diese Jagdkleidung liebt. Es fehlt eigentlich nur noch die Pfeife und eine blonde Adelige, die im Roadster-Oldtimer samt Foxhound-Hund auf dem Beifahrersitz vorfährt und dem Gerichtsmediziner ihre Liebe gesteht, nachdem sie sich von ihrem kaltherzigen Ehemann aus der ohnehin zu lauten Großstadt getrennt hat.

Wo leben die meisten Jäger in Deutschland?

Dabei liegt Boerne voll im Trend. Denn die Anzahl der Jäger nimmt in Deutschland rasant zu. Das sogenannte „Grüne Abitur“ – der nicht einfache Jagdschein – wird mit jedem Jahr beliebter. Die meisten Jäger gibt es zurzeit in Nordrhein-Westfalen. Waren es 2011/2012 noch 80.716 Jäger, sind es mittlerweile 92.950. Ein Anstieg um 15 Prozent. In Sachsen-Anhalt ist der Anstieg prozentual nicht so stark. Hier haben in der gleichen Zeitspanne rund ein Prozent mehr das Grüne Abitur abgelegt. Insgesamt besitzen zurzeit circa 350.000 Deutsche einen Jagdschein.

Was ist ein Fangschuss?

Der Fangschuss bezeichnet in der Jägersprache eine Art „erlösender“ Schuss. Wenn verletztes Wild aufgefunden wird und es dem Tod nahe ist, wird es durch den Fangschuss vollends getötet. Oft wird dieser Schuss zum Beispiel nach Verkehrsunfällen eingesetzt. Der Jäger zielt dabei das Gewehr auf das Gehirn des Tieres, um so einen schnellen Tod herbeizuführen. Durch den Schuss in den Hirnstamm wird direkt die Atmung, der Herzschlag und das Bewusstsein ausgesetzt. Rechtlich regelt das Bundesjagdgesetz diesen Fall.

Der Auftragskiller aus dem Darknet – wie realistisch ist das?

Während die Jagd im Münsteraner Tatort anfangs eher Nebensache war, mündet sie am Ende in eine Schlüsselszene: dem Fangschuss. Parallel zur Jagd in der analogen Welt mischt sich die Jagd im Digitalen dazu. Und fast schon als Tradition etabliert,  wird auch in diesem Tatort versucht, die Gefahren und Möglichkeiten des Internets zu thematisieren: Infotainment quasi. Bildungsfernsehen trifft auf Unterhaltung. In diesem Fall handelt es sich um das Thema Auftragsmord. Bestellt im Darknet, dem Internet-Universum, das unter anderem über verschlüsselte Tor-Systeme erreicht werden kann. So skurril die Rubrik „Call a Killer“ zunächst erscheint, ist sie jedoch nicht, wie das österreichische Magazin „Enemy“ in einem Recherche-Versuch zeigt.

Wer ist die blauhaarige Leila aus dem Münster-Tatort?

Es ist eine Münsteraner Tatort-Geschichte, die typisch seicht, sanft und skurril zugleich anmutet. Auch die „Jetzt wird es zu krass“-Momente fehlen nicht. Dann, wenn die Weltneuheit, das Super-Serum gegen Haarausfall, ins Spiel kommt oder plötzlich die junge blauhaarige Leila - das Ergebnis eines Urlaubsflirt - auf der Matte des schrullig sympathischen Ermittlers Thiel steht. Dem wächst Leila schließlich ans Herz. So skeptisch er anfangs ist, so mehr sorgt und kümmert er sich um das junge Mädchen. Beide Momente werden relativ schnell relativiert: Das Super-Serum ist doch nur ein Super-Placebo gewesen und die blauhaarige Leila – nicht Thiels Tochter.

Leila: rotzig, mutig und – wie ihr vermeintlicher Vater – eigentlich sanft beseelt, rutscht immer tiefer in die aktuellen Ermittlungen rein. Die junge Schauspielerin, eine Mischung aus Scarlett Johansson und Lola alias Franka Potente, avanciert zu Recht zur Hauptfigur des Films, besonders durch ihre authentisch gespielte Angst vor dem Bösen, ihrer manchmal zu rotzigen Teenie-Art und ihrer progressiven Ader, die Täter außer Gefecht zu setzen. Und wie in der Folge „Fangschuss“ kommt die Schauspielerin Janina Fautz tatsächlich aus Mannheim und wurde dort Mitte der Neunziger geboren. Sie spielt sich somit ein bisschen selbst. Wenn Janina Fautz nicht gerade für Krimis wie Tatort oder Polizeiruf 110 vor der Kamera steht, ist die 21-Jährige in Kinder- und Jugendfilmen zu sehen. (mz)