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Strawberry Bubblegums

02.11.2016, 23:01
Jasmin Tabatabai (l-r), Gloria Endres de Oliveira und André M. Hennicke bei Dreharbeiten zur NDR-Komödie „Strawberry Bubblegums”. Foto: Christian Charisius
Jasmin Tabatabai (l-r), Gloria Endres de Oliveira und André M. Hennicke bei Dreharbeiten zur NDR-Komödie „Strawberry Bubblegums”. Foto: Christian Charisius dpa

Berlin - Alleinerziehende Mütter gibt es viele in diesem Land, auch im Fernsehen ist das kein Tabuthema. Oft haben sie Kinder, die nicht wissen, wer ihr Vater ist. Bis der Tag kommt, an dem gewisse Fragen gestellt werden. So ist auch in der TV-Komödie „Strawberry Bubblegums”, die der NDR an diesem Donnerstag (20.15 Uhr) im Rahmen seiner Filmreihe „Nordlichter” zeigt.

Diese vierteilige Debüt-Reihe startete erstmals im vergangenen Jahr, zu ihr gehören diesmal noch die beide Filme „Plötzlich Türke” (10. November, 22.00 Uhr) und „1000 Mexikaner” (17. November, 22.00 Uhr). Der vierte Film „Ostfriesisch für Anfänger” ist am 27. Oktober zunächst im Kino angelaufen und wird erst 2017 im NDR-Fernsehen gezeigt.

Die Heldin von „Strawberry Bubblegums” ist die 17-jährige Lucy (Gloria Endres de Oliveira), die mit ihrer ehedem etwas flatterhaften Mama Paula (Jasmin Tabatabai) relativ wohlbehütet in Hamburg zusammenlebt. Bis sie eines Tages ihre Mutter fragt, wer denn eigentlich ihr Vater ist, dessen Charme die Mama angeblich auf einer Rucksacktour durch Sri Lanka erlegen sein will.

Weit gefehlt: Durch Zufall - Lucy stößt in einem Videoladen auf das Cover einer speziellen Kassette - kommt heraus, dass Mama mal als Pornodarstellerin „Vicky Venus” gearbeitet hat und es dabei wohl einen „Arbeitsunfall” mit ihrem Kollegen Udo Ochsenschwanz (André M. Hennicke) gegeben haben muss. Also macht sich Lucy auf die Suche nach dem Mann, findet ihn auch - auf der Reeperbahn - und begibt sich mit ihm auf die Suche nach sich selbst.

„Ich bin ein großer Fan von Coming-of-Age Geschichten. Im Film und in der Literatur, denn ich glaube, der Mensch erreicht niemals ein "fertiges Alter" und befindet sich stets auf einer zuweilen sehr schmerzhaften und steinigen Identitätssuche”, zitiert der NDR Gloria Endres de Oliveira (16, „Pfeiler der Macht”, „Babylon Berlin”). „"Strawberry Bubblegums" verherrlicht die Pornoindustrie nicht, was mir persönlich wichtig war.”

Regisseur Benjamin Teske (33), der hier seinen ersten Langfilm vorlegt, ergänzt, in dem Film stecke viel von der echten Pornowelt. Aber er betont auch: „Ich spiele mit den Klischees, die so oft der Wahrheit entsprechen.” Das kann man wohl sagen, und entsprechend frisch und unkonventionell ist sein Film denn auch geraten, mit einem seltsam berührenden Touch aus poetischem Realismus. Er ist in bonbonfarbenen Tönen gehalten, bietet romantische Gitarrenmusik - samt Lagerfeuer - ebenso wie viel flotte Pop-Musik.

Der Autorin des Drehbuches, Cherokee Agnew, sind einige herrliche trockene Dialoge und Sätze gelungen wie dieser: „Ich bin immer noch topfit im Schritt”. Zu sehen sind flirrende Rummelplätze, verruchte Karaoke-Bars, eine Motorradfahrt im rosa Bademantel mit Riesenteddy im Seitenwagen und ein Pornodreh in einem Studio - mehrfach zu hören ist heftiges Gestöhne. In kleinen - meist schrulligen - Gastrollen sind Schauspieler wie Alice Dwyer, Michael Lott, Lars Rudolph, Roland Nitschke und Sabin Tambrea zu sehen.

André M. Hennicke als abgehalfterter Ex-Pornostar mit langen blonden Haaren liefert eine Glanzleistung ab. Gloria Endres de Oliveira spielt die pubertierende Lucy als quasi elfengleiches Geschöpf einfach grandios: Alle ihre Entdeckungen sind im Grunde der nackte Wahnsinn und müssen erstmal verdaut werden.

Dabei stapft sie jedoch unerschrocken durch das Filmset und macht die Erfahrung, dass es völlig egal ist, woher man kommt und nur zählt, wer man ist. Aber auch Jasmin Tabatabai hat starke Momente - etwa als sie als Sicherheitsaufsicht in einem Supermarkt einen aufgeblasenen jungen Dieb zur Räson bringt: „Entweder Du holst jetzt Deinen Pullermann aus der Hose, oder Du packst die Kaugummis auf's Laufband”. Keine Frage: Wenn Mutter und Tochter jemand dumm kommt, ist mit beiden nicht zu spaßen. (dpa)