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Schmähgedicht Schmähgedicht: "Extra 3" nimmt Jan Böhmermann auf die Schippe

Von Tobias Peter 15.04.2016, 08:47
Moderator Christian Ehring.
Moderator Christian Ehring. Screenshot NDR

Berlin - Die Redaktion von „Extra 3“ hat etwas in die Debatte über Jan Böhmermanns Schmähgedicht auf Erdogan gebracht, was ihr offenbar aus Sicht der NDR-Satiriker zuletzt gefehlt hat: Humor. Ganz Deutschland diskutiere gefühlte 24 Stunden lang: „Ist die Pressefreiheit in Gefahr? Muss Böhmermann ins Gefängnis? Wenn ja, was meint er damit?“ sagte Moderator Christian Ehring am Donnerstagabend – selbstverständlich, nachdem er zuvor ein fröhliches Hallo „auch an alle Schaf-, Ziegen- und Kuhficker da draußen“ gesendet hat.

Ehring nahm im Folgenden nicht nur den, sagen wir mal, wenig Satire-affinen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf die Schippe – etwa, indem er sagte: „Ich warte ja wirklich täglich auf eine spezielle Rechtsschutzversicherung für Satiriker: die Erdocard.“ Nein, der Moderator veralberte auch den ZDF-Kollegen Böhmermann und dessen Unterstützer.

Zuallererst bat Ehring in der Debatte um Mäßigung. „Ich meine: Was ist denn eigentlich passiert?“ sagte er. Und weiter: „Böhmermann hat ein Schmähgedicht vorgetragen, eine Beleidigung mit Ansage. Erdogan war beleidigt. Insofern ist das Konzept aufgegangen.“ Von beiden höre man gerade relativ wenig, fügte Ehring hinzu. Um dann zu der süffisanten Bemerkung auszuholen: „Ich vermute, sie hocken gemütlich zusammen beim Tee und überlegen sich, wie sie ihren Medienhype weiter befeuern können.“

Komiker und ernsthafte Künstler

Ehring sagte, viele seien Böhmermann beigesprungen. „Es sind Komiker dabei wie Springer-Chef Mathias Döpfner. Es sind aber auch ganz ernsthafte Künstler dabei wie Dieter Hallervorden“, sagte der NDR-Moderator Ehring mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Gegen Hallervorden habe Erdogan bisher interessanter Weise noch nicht Anzeige erstattet. „Ich hab das Gefühl, er recherchiert noch, was Palim Palim auf Türkisch heißt.“

Der ganze Wirbel um Satire und den türkischen Präsidenten Erdogan hatte mit einem Song-Beitrag in einer „Extra 3“-Sendung begonnen. Zur Melodie eines Nena-Liedes präsentierte die Redaktion politische Verse wie „Ein Journalist, der was verfasst, das Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast.“ Erdogan ließ den deutschen Botschafter in Ankara einbestellen.

Der ZDF-Moderator Böhmermann reagierte in seiner Sendung auf den Vorfall, indem er ein vulgäres Schmähgedicht auf Erdogan vortrug – versehen mit dem Zusatz, er werde jetzt demonstrieren, was wirklich verboten sei. Die Türkei hat in einer diplomatischen Note verlangt, es solle Strafverfolgung gegen Böhmermann geben. Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob sie ein Verfahren nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches wegen der Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter zulässt.

Bei „Extra 3“ wurde jetzt übrigens ein neues Satire-Lied über den britischen Premier David Cameron präsentiert, der an der Briefkastenfirma seines verstorbenen Vaters beteiligt war. Es ist nur mäßig lustig. Insofern sollte Erdogan stolz sein: Ihm wurde die wahre Satire zuteil.