Schlimmer geht immer

Berlin - Eine Familie braucht Platz, und da ist natürlich das eigene Heim am schönsten. Auch wenn es etwas heruntergekommen und dafür günstiger zu haben ist. Doch mit den Renovierungsarbeiten beginnt dann oft der Ärger - der in diesem Fall von einer völlig unverhofften Seite kommt.
Das alles kann man sehr schön beobachten in der Komödie „Schlimmer geht immer”, und zu sehen ist der Film an diesem Dienstag um 20.15 Uhr auf Sat.1.
„Ich werde aus diesem Haus das schönste Zuhause machen, in dem jemals eine Familie gewohnt hat.” So tönt Kai (Sebastian Bezzel) gegenüber seiner hochschwangeren Gattin Ina (Nadja Becker) und Sohnemann Tim (Arne Wichert), als sie vor dem neuen Berliner Eigenheim mit beachtlicher Freitreppe stehen. Während Ina von der schönen Patina und den alten Dielenböden schwärmt, will Kai am liebsten alles sofort herausreißen und neu machen.
Doch das alte Haus rumort vernehmlich, und fortan knallen Kai irgendwelche Türen oder Bretter in den Rücken oder in die Beine. Selbst soeben eingedrehte Schrauben ploppen einfach so wieder heraus. Zum Glück hat der Mathelehrer jetzt sechs Wochen lang Schulferien, und bei der Renovierung helfen sollen ihm seine beiden besten Kumpel und Lehrerkollegen (Sport und Chemie), Pedro (Manuel Cortez) und Ulf (Heiko Pinkowski).
Also rufen sich die drei ein fröhliches „Jetzt gehen wir dahin, wo echte Helden geboren werden” zu - soll heißen: direkt in den Baumarkt. Da wird eine ganze Armada von hilfreichen Maschinen gekauft, und los geht's. Doch jetzt wehrt sich das seltsame Gemäuer erst recht: da klemmen die Sicherungsschalter, da macht sich ein Dampfstrahler selbstständig und tanzt wie eine Kobra, da bohrt sich unvermittelt ein rostiger Nagel in Kais Fuß.
Während die Männer also nahezu ständig in akuter Lebensgefahr schweben, scheint Ina einen magischen Daumen zu haben - ihr gelingt einfach alles. Das Haus scheint die sanfte Altenpflegerin zu mögen, weil sie es so akzeptiert, wie es ist. Und derweil hat Tim ein altes Segelboot im Garten in Beschlag genommen und flirtet sofort mit der Nachbarstochter.
Die Schauspieler hatten sichtlich Laune beim Drehen, doch gegen das knurrende und murrende Haus haben sie kaum eine Chance. Allein Sebastian Bezzel (45, „Schweinskopf al dente” und Bodensee-„Tatort”) überzeugt als motivierter Familienvater, der alles richtig schön machen will - und beinahe am eigenwilligen Haus scheitert.
Regisseur Kai Meyer-Ricks (49, „Die wilde Kaiserin”) ist eine erstaunlich lockere Komödie gelungen. Er nimmt Geschlechterklischees ebenso aufs Korn wie den Baumarkt-Kult vieler Mitbürger, und setzt dabei voll auf kernige Machosprüche und vorlaute echte Kerle, die doch ständig an sich ablösenden Tapeten, herabstürzenden Brettern, umherfliegenden Farbeimern und heftigen Stromstößen scheitern. Von eingeklemmten Fingern oder Platzwunden am Kopf mal ganz zu schweigen.
Selbst die im Garten geparkten Autos werden komplett demoliert. Natürlich denkt man da sofort an eine Serie wie „Hör' mal, wer da hämmert” oder an den Filmklassiker „Nur meiner Frau zuliebe”. Doch während die noch vergleichsweise harmlos sind, artet das meist lustige Geschehen hier am Ende in einen erbitterten Zweikampf (Kai gegen Haus) aus, bei dem sich die Nägel wie Pfeile in Kai's Arbeiterdress bohren und er schließlich fast von einigen richtig dicken Brettern erschlagen wird.
Da hört der Spaß dann endgültig auf, und ehe Kai komplett dem Wahnsinn verfällt, gibt er klein bei. Oder anders gesagt: Er respektiert endlich den Charme und das Alter des Hauses, hört mit dem Wegrenovieren auf, und macht das sehr spezielle Anwesen zu einem individuellen Schmuckstück. Der Held des Filmes arrangiert sich also mit dem, was einfach da ist - was seine kluge Frau natürlich schon längst getan hat. (dpa)