Polizeiruf "Dünnes Eis" Polizeiruf "Dünnes Eis": Ein paar starke Szenen trotz einseitiger Charaktere

Der Fall:
Wer Lösegeld erpressen will, entführt für gewöhnliche andere Opfer als die 23 Jahre alte Verkäuferin Kim Peelitz (Lucie Hollmann), die aus einfachen Verhältnissen stammt. Denn woher sollte eine alleinerziehende Altenpflegerin wie ihre Mutter Anja (Christina Große) 100.000 Euro auftreiben? Das fragten sich im neuen Magdeburger „Polizeiruf 110“ auch die Ermittler Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke). Dann kam heraus, dass Anja Peelitz 100.000 Euro von ihrer kürzlich verstorbenen Mutter geerbt hatte. Das sei zwar ein Geheimnis gewesen, aber irgendwie wussten doch alle in Kims Umfeld davon, so etwa Kims Arbeitskollegin Michelle (Anna Herrmann).
Die Auflösung:
Irgendwann ahnte man als Zuschauer, auf welches Finale dieser Fall hinausläuft. Weil Anja Peeltiz ihr Kind permanent mit Lügen quälte, lag der Schluss nahe, dass ihre Tochter genau diesen Weg wählte, um sich aus dieser ungesunden Beziehung zu befreien. Und so war es dann auch. Kim hatte ihrer Mutter geglaubt, dass diese das Geld geerbt hatte - warum eigentlich, wo sie doch wusste, dass die sonst auch ständig log? – und wollte die 100.000 Euro von ihr erpressen, um endlich wegziehen zu können. Deshalb hatte sie die Entführung gemeinsam mit ihrer Arbeitskollegin nur inszeniert. Als dieser die Geschichte aber zu heikel wurde und sie in Streit gerieten, tötete sie ihre Freundin.
Die Kommissare:
Claudia Michelsen und Matthias Matschke sind tolle Schauspieler, das durften sie in „Dünnes Eis“ allerdings nur bedingt zeigen. Zu einseitig sind ihre Charaktere. Doreen Brasch ist die einsame, harte Ermittlerin, die am liebsten auf dem Motorrad herumfährt und allein arbeitet. Dirk Köhler ist eher der verständnisvolle Typ, der deshalb Anja Peelitz erstmal alles ungeprüft glaubte. Ein paar starke Szenen zwischen den beiden Kommissaren gab es dann zwar doch, aber alles in allem funktioniert dieses neue Team noch nicht wirklich.
Fazit:
Eoin Moore und Anika Wangard haben mit „Dünnes Eis“ (Regie führte der Oscar-Gewinner Jochen Alexander Freydank) einen Krimi geschrieben, in dem die Ermittler ein Netz aus Lügen, Geheimnissen und Abhängigkeiten entwirren mussten. Das gelang ihnen vor allem deshalb nicht besonders gut, weil sie nicht miteinander sondern vielmehr gegeneinander arbeiteten. Dieser Krimi hatte aber vor allem ein anderes Problem: Bei der Bewertung eines Verbrechens stellt sich immer die Frage, wer lügt und wer die Wahrheit sagt, und da verwunderte es dann doch, dass zwei professionelle Ermittler sich so leicht in die Irre führen ließen wie in „Dünnes Eis“ und zunächst einfach immer alles glaubten, was man ihnen erzählte. So vergab der Film, der mit Claudia Michelsen, Matthias Matschke und Christina Große drei tolle Schauspieler vereinte, trotz guter Ansätze am Ende die Chance, ein gelungener Krimi zu werden.