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Talk bei "Maischberger" "Maischberger": Steile Thesen vom "Klimaskeptiker" - Kachelmann skeptisch

Von Timo Lehmann 12.10.2017, 04:58

Viel zu kalt der Sommer, dauernd nur Regen, die nächste Naturkatastrophe in allen möglichen Teilen der Welt: Sind das die ersten Anzeichen des Klimawandels? Oder aber: Neigt der Mensch nicht schon immer dazu, viel zu schnell Kausalitäten beim Wetter herzustellen, weil er es sich schlicht nicht anders erklären kann. Alle reden jeden Tag darüber, keiner weiß richtig Bescheid. Maischberger fragte deshalb ihre abgeklärte Runde: „Xavier und die Wetterextreme: Kippt unser Klima?“

Der Wetterexperte Jörg Kachelmann zeigt sich skeptisch bei solch vorschnellen Rückschlüssen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass sich Stürme oder Naturkatastrophen in den letzten Jahren häuften. „Wir erleben eine aktive Saison, aber keine, die wir nicht schon erlebt hätten.“ Aber Wetter sei eben auch nicht Klima, denn das habe sich, in der Runde unbestritten, selbstverständlich bereits um ein Grad erhöht. Die Politik sei in der Verantwortung, den Klimawandel zu bekämpfen.

Klimaschützer als Zeugen Jehovas 

Für die steilen Thesen am Abend war der Schweizer Journalist Alex Reichmuth zuständig. Auch er bestreitet nicht, das Klima habe sich verändert. Der „Klimaskeptiker“, wie er sich betitelt, hält es aber für ein Märchen, das habe etwas mit dem Menschen zu tun. Klimaschützer bringt er in Verbindung mit den Zeugen Jehovas und trägt vor, am 24. Januar dieses Jahres habe es weder Wind noch Sonnenstrahlen gegeben, regenerative Energien seien in so einem Fall keine Lösung. Bärbel Höhn und andere Gäste schütteln den Kopf. Innovative Energiespeicher werden in Zukunft die Versorgung absichern. Deutschland, so Höhn, müsse sich derzeit um Versorgung die geringsten Probleme machen: „Wir exportieren so viel Energie wie noch nie in Deutschland.“

Auch Deutschlands bekannteste Klimaforscher, Prof. Hans Joachim Schellnhuber, der auch einige Zeit die Bundeskanzlerin beriet, sagt nicht, der Klimawandel sei zu hundert Prozent vom Menschen gemacht. Aber, so ist sich die Fachwelt einig, trage er den größten Teil dazu bei und die Politik habe es in der Hand, die negativen Auswirkungen zu verhindern. Zudem: Mit der Energiewende tue man auch etwas gegen die Luftverschmutzung und löse sich von alten Abhängigkeiten der fossilen, endlichen Energieträger.

Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium Dorothee Bär, CSU, fragt sich vor allem, wie viel Eigenverantwortung der Bürger dafür tragen solle. In ländlichen Gebieten könne man nicht auf ein Auto verzichten. In Zukunft werde man vielleicht, so das Science-Non-Fiction Modell in Bayern, von einem Dorf zum anderen mit einer unterirdischen Röhre fliegen. Selbstfahrende Busse werden in Bayern schon getestet. Es brauche vor allem Mobilitätsinnovation, dann müsse niemand auf irgendwas verzichten.

Müdes Lächeln für Donald Trump

Koalitionsstress wird es zwischen Grünen und CSU vor allem bei den Zahlen geben. Bär: „Wir brauchen den Ausstieg aus der Kohlekraft.“ Nur, wie bei den Grünen vorgeschlagen, sich „mit einer Zahl zu verheiraten“, bringe nichts. Die Grünen wollen die sofortige Abschaltung alter Werke und bis 2030 das Ende der Kohle. Es gebe zehntausende Arbeitsplätze dort, sagt Bär, die man nicht einfach überstürzt vernachlässigen könne.

Bei Trump, der aus dem 2015 hart errungenen Pariser Klimaabkommen ausstieg und Klimawandel für Blödsinn erklärte, hat die Talkrunde nur ein müdes Lächeln übrig. Einhellig: Der sei nicht so wichtig, die einzelnen US-Bundesstaaten melden sich von allein bei deutschen Unternehmen, und haben längst den Wirtschaftswachstumsfaktor der Energiewende erkannt.

Für die Moderatorin Maischberger, die eher im gefühligen Zwiegespräch zur Höchstform aufläuft und sich bei solch abstrakten Themen mit Zahlengewirr immer wieder schwertut, war es doch eine gelungene Sendung. Die Runde verlief sich nicht im Wissenschaftsdiskurs. Der Eindruck bleibt: Lieber auf eine Autofahrt verzichten und den Zug oder die unterirdische Röhre nehmen, aber auch nicht gleich den Weltuntergang befürchten, wenn es drei Tage durchregnet.