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Jürgen Schneider Jürgen Schneider bei der ARD am Montag: Aufstieg und Fall des berühmten Baulöwen in Leipzig

15.10.2018, 18:30
Baulöwe Jürgen Schneider bei einer Buchvorstellung in Leipzig im Jahr 2000.
Baulöwe Jürgen Schneider bei einer Buchvorstellung in Leipzig im Jahr 2000. imago/Rolf Braun

Leipzig - Mit Aufstieg und Fall des Immobilienspekulanten Jürgen Schneider beschäftigt sich ein neues Doku-Drama des Mitteldeutschen Rundfunks. Es rollt dem MDR zufolge die Geschichte um Deutschlands berühmtesten Baulöwen und Betrüger neu auf, wie der Sender am Dienstag mitteilte.

Schneider löste mit seiner Flucht aus Deutschland 1994 eine der größten Immobilienpleiten der Nachkriegszeit aus und hinterließ bei gut 50 Banken mehr als fünf Milliarden Mark Schulden. Auch viele Handwerksfirmen waren davon betroffen, vor allem in Ostdeutschland. Allein in Leipzig hatte Schneider über 70 Gebäude aufgekauft. Das Erste zeigt das Doku-Drama „Der Auf-Schneider“ am Montag, 15. Oktober, um 20.15 Uhr.

Der Film erzählt, wie Schneider mit Hilfe der Banken zu seinem Immobilienimperium kam. Die Spielszenen konzentrieren sich auf das Ehepaar Schneider (Reiner Schöne als Jürgen Schneider, Gesine Cukrowski als Claudia Schneider), während sie sich vor Gläubigern und Polizei in den USA versteckt halten.

Stück für Stück werden Vorgeschichte und Folgen der Immobilienpleite enthüllt. Dabei beleuchtet das Doku-Drama laut MDR die Perspektive der Schneiders sowie die der Banken, der Ermittler, der Leipziger Handwerker und der Medien.

Jürgen Schneider: Die Geschichte um einen der berühmtesten Baulöwen - und Betrüger

Als Baulöwe war er in Leipzig angetreten und als größter deutsche Immobilienpleitier ging er in die Geschichte ein. Jürgen Schneider war am 15. April 1994 am Ende. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens standen auch zahlreiche Unternehmen im damaligen «Boomtown» Leipzig plötzlich vor dem Abgrund. Ein Aufschrei des Entsetzens ging durch die Stadt. Über 100 Betriebe waren direkt betroffen, 60 davon aus dem Handwerk, erinnerte sich vor Jahren die Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Sigrid Zimmermann.

Als das Landgericht Frankfurt/Main Schneider im Dezember 1997 zu sechs Jahren und neun Monaten Haft wegen Betruges und Kreditbetruges in dreistelliger Millionenhöhe sowie Urkundenfälschung verurteilte, war ein historisch einmaliger Bankrott juristisch abgeschlossen. Zurück blieb ein gewaltiger Scherbenhaufen: Schneider hatte über Jahre hinweg hochwertige Altbauten in mehreren deutschen Städten gekauft und aufwendig sanieren wollen.

Jürgen Schneider hinterließ 5,4 Milliarden Mark Schulden

Beim Zusammenbruch seines Imperiums hinterließ er bei über 50 Geschäftsbanken den Gesamtbetrag von 5,4 Milliarden Mark Schulden, der sich nach Verkauf der meisten Immobilien auf 2,4 Milliarden Mark verringerte. Mitschuld hatten die Banken, denen der Frankfurter Richter denn auch «kaum vorstellbare Fahrlässigkeit und Pflichtvergessenheit» vorwarf.

Der damalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, nannte offene Handwerkerrechnungen von «deutlich unter 50 Millionen Mark» «Peanuts» (Kleinigkeiten). Damit prägte er das Unwort des Jahres. Die Bank war auf Gesamtverbindlichkeiten von 1,155 Milliarden Mark sitzen geblieben.

Für Leipzig war der «Schock größer als der Schaden», sagte vor Jahren der damalige Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube. «Die Stadt selbst erlitt keinen Schaden. Den hatten die Banken. Sicherlich gab es geringere Schäden bei Handwerkern, aber es gingen keine kleineren oder mittleren Betriebe zu Grunde.»

Da zahlreiche Arbeitsplätze und Existenzen bedroht waren, habe schon am nächsten Tag eine Arbeitsgruppe der Stadt, der Handwerkskammer sowie der Industrie- und Handelskammer den Kampf gegen die Folgen der Pleite aufgenommen, sagte Zimmermann. Ein Sorgentelefon für Handwerker wurde geschaltet. Steuern wurden gestundet, die Stadt und ihre Betriebe halfen mit Aufträgen und sofortiger Überweisung fälliger Zahlungen. «In unserem Raum war das der erste große Konkurs.»

Schneider übernahm in Leipzig Mädler-Passage, Barthels Hof und das Hotel Fürstenhof

Lehmann-Grube: «Der damalige Schock war nicht so sehr mein Schock.» Er habe als «Wessi» schon viele Pleiten gesehen. «Aber die Reaktion in der Stadt, der Menschen spiegelte Erschrecken und Angst. Es entstand der Eindruck einer großen Katastrophe.» Schneider habe für den Aufbau der Innenstadt gestanden. Zimmermann listet elf Objekte auf, die Schneider übernommen hatte, darunter die Mädler-Passage, Barthels Hof und das Hotel Fürstenhof. Jedoch machten die Investitionszusagen Schneiders 1994 rund 300 Millionen Mark und damit nur 1 Prozent der Gesamtzusagen für die Stadt aus.