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"Das Jenke-Experiment" "Jenke-Experiment": Demenz im Selbstversuch mit Jenke von Wilmsdorff

Von Anne Burgmer 12.09.2016, 10:24
RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff
RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff RTL/Jürgen Schulzki

Köln - Die Frage ist eigentlich spielend leicht zu beantworten. „Welchen Tag haben wir heute?“ Doch Jenke von Wilmsdorff überlegt, zögert und sagt schließlich: „Ich weiß es nicht.“ Dann beginnt er zu weinen. Was ist passiert? Hat der RTL-Reporter für seine Selbstversuchs-Reihe „Das Jenke-Experiment“ schon wieder irgendwelche Drogen genommen?

Nein. Demenz ist das Thema der zweiten Folge der aktuellen Staffel, die an diesem Montag um 21.15 Uhr bei RTL zu sehen ist. Und der 50 Jahre alte von Wilmsdorff hat sich von einem Hypnotiseur für einen Tag in einem Zustand versetzen lassen, der einer Demenzerkrankung ähneln soll. Das Ergebnis: Er sitzt in einem Radio-Köln-Interview und kann die einfachsten Fragen nicht beantworten. Und beim Einkaufen vergisst er die wichtigste Zutat.

Anders als das Drogenexperiment der vergangenen Woche, das für viel Aufmerksamkeit und Aufregung sorgte, kommt dieser Film weniger krawallig daher. „Es ist ein sehr leiser und für mich der emotionalste Film geworden“, hat Jenke von Wilmsdorff kürzlich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. Im Film sagt er, er habe „einen riesigen Bammel“ vor dieser Krankheit.

Eignet sich Demenz für einen Selbstversuch?

Demenz ist zu einer Volkskrankheit geworden, viele Menschen sind mit erkrankten Angehörigen oder Freunden konfrontiert. Es ist also richtig, darüber zu sprechen und aufzuklären. Aber eignet sich die Krankheit für einen Selbstversuch, der ja das Herzstück des „Jenke -xperiment“ sein soll? Nein, tut sie nicht. Demenz ist eine Krankheit, die sich anschleicht, die sich kontinuierlich verschlechtert, die Menschen über Jahre verändert.

Wer verstehen will, wie diese Krankheit das Leben aller Erkrankten und Angehörigen verändert, dem ist nicht geholfen, Jenke von Wilmsdorff dabei zuzusehen, wie er einen Tag lang verwirrt durch die Gegend läuft und von seiner Frau und Kollegen wie ein seltenes Tier beäugt wird. Dazu sagt er dann noch Sätze wie „Mein Kopf ist leer.“ Mehr Plattitüde geht fast nicht.

Starke und ergreifende Momente

Dabei hat der Film sehr starke und ergreifende Momente. Und zwar immer dann, wenn es eben nicht um den Selbstversuch geht, wenn Jenke von Wilmsdorff mit Betroffenen und deren Familien spricht. Er besucht den 11 Jahre alten Pascal und dessen Mutter. Der Junge leidet an einer äußerst seltenen Form von Kinder-Demenz. Er entwickelte sich bis zum vierten Lebensjahr normal, danach begann langsam das Vergessen. Nun verlernt er alles, was er früher konnte und wird jung sterben.

Wie geht ein Kölner Ehepaar mit der Erkrankung um?

Er besucht das Kölner Ehepaar Tina und Achim Dörfler. Die beiden haben drei erwachsene Kinder, lebten ein geregeltes Leben, bis der 63-Jährige erste Zeichen der Krankheit zeigte. Mittlerweile ist er völlig von seiner Frau abhängig, leicht reizbar, kann nicht mehr allein sein. Sie steht am Rand eines Zusammenbruchs, opfert sich auf, funktioniert. Am schlimmsten sei es, dass die Liebe verschwinde, weil der Mensch, den man einmal liebte, nicht mehr existiert. Der Sohn erzählt, dass er den Vater anfangs kaum anschauen konnte, ohne zu weinen.

Doch es gibt auch hoffnungsvollere Geschichten. In Gladbeck besucht Jenke von Wilmsdorff eine Demenz WG, in der Erkrankte zusammenleben und intensiv betreut werden. Trotz des langsamen Verfalls der Bewohner erlebt er hier auch positive und fröhliche Momente.

Dieser Film ist immer dann stark, wenn er die leisen Töne zulässt und Betroffene zu Wort kommen lässt. Völlig überflüssig ist das „Jenke Experiment“ ausgerechnet dann, wenn es um das Experiment geht.