"Hart aber fair" zur Wohnungsnot Hart aber fair mit Frank Plasberg: Wohnungsnot - Warum in Deutschland nur für die Reichen gebaut wird

Köln - Eigentlich müssten in Köln jährlich mindestens 6000 neue Wohnungen entstehen, um all denen, die in die Stadt ziehen wollen, ein Dach über dem Kopf zu bieten. Gebaut wurden 2017 jedoch nur 2138 Wohnungen. Ein schwacher Trost: In Sachen Wohnungsnot ist Köln kein Sonderfall, denn auch in anderen deutschen Großstädten steigen Mieten und Grundstückspreise. Frank Plasberg spitzte den Verdrängungswettbewerb um Wohnraum auf die Frage zu, ob Wohnen mittlerweile arm macht.
Wer durfte mitreden?
Katarina Barley
Die SPD-Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz glaubt, dass bezahlbares Wohnen die soziale Frage des 21. Jahrhunderts wird. Deshalb will sie die Mietpreisbremse schärfen und mehr Wohnungen bauen - schade, dass sie nicht auch noch Bauministerin ist. Für Barley ist die Politik an der aktuellen Misere mit schuld, denn diese habe viele öffentliche Wohnungen an private Unternehmen verscherbelt.
Katja Suding
Für die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende ist die Politik mit ihren zahlreichen Bauvorschriften der größte Preistreiber am Markt. Die Mietpreisbremse ist für sie nutzlos und deshalb überflüssig. Sie plädiert dafür, das Angebot an Wohnungen zu erhöhen, zeigt aber durchaus Verständnis für Anwohner, die sich gegen Bauprojekte vor der eigenen Haustür wehren.
Klaus-Peter Hesse
Für den Geschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) ist der Umbau der Innenstädte eine positive Entwicklung, denn die Städte würden dadurch attraktiver. Seine Lösung für die Wohnungsnot lautet: Bauen, bauen, bauen. Er will die private Immobilienwirtschaft in die Pflicht nehmen, auch soziale Wohnungen zu errichten, denn Staat und Kommunen würden es alleine nicht schaffen. Die schwarzen Schafe seiner Branche findet Hesse nach eigener Auskunft fürchterlich.
Florian Schmidt
Der grüne Baustadtrat in Berlin sieht in Hausbesetzungen einen Akt notwendigen zivilen Ungehorsams und versucht, den Spekulanten mit Hilfe des kommunalen Vorkaufsrechts das Handwerk zu legen. Er selbst lebt noch in seiner Studentenbude - mit dem Schreibtisch im Kinderzimmer. Er bat Ministerin Barley inständig darum, das Recht, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln, schnellstmöglich abzuschaffen. Seine persönliche Lösung gegen die Wohnungsnot, nämlich Zwischenebenen einzuziehen, will er dagegen niemandem empfehlen.
Christine Hannemann
Die Professorin für Wohnsoziologie an der Universität Stuttgart sieht das gesamte Konzept von Stadtgesellschaft in Gefahr. Für sie sind viele Innenstädte nur noch begehbare Investmentfonds und die dortigen Wohnungen reine Spekulationsware. Es werde viel gebaut, so Hannemann, aber das falsche, nämlich Anlageobjekte für Reiche. Auch der Trend zur selten genutzten Zweitwohnung ist ihr ein Dorn im Auge.
Wie Plasberg mit der SPD-Ministerin flirtet
Der Moderator flirtete geradezu mit Katarina Barley, vielleicht, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. "Das sagen Sie immer", hatte die Ministerin früh geklagt, nachdem Plasberg sie mal wieder mit einem "Darauf kommen wir später zurück" vertrösten wollte. Ansonsten war er wie stets besorgt, das Publikum mitzunehmen - funktionierte bei diesem etwas sperrigem Thema leider nicht immer.
Wie hoch war der Erregungsfaktor?
Lange nicht so hoch wie bei einer Wohnungsbesichtigung in begehrter Lage. Es wurde zwar recht viel durcheinander geredet, aber in gesitteter Form. Man kennt einander und die Argumente der Gegenseite wohl zur Genüge. Lediglich der grüne Stadtrat wurde einmal bissig und fuhr Klaus-Peter Hesse mit einem "Das ist definitiv falsch" über den Mund.
Was haben wir gelernt?
Hamburg ist eine coole Stadt - dorthin und nicht nach Berlin wollte jedenfalls die Mehrheit bei der imaginären Wohnungstauschrunde am Ende ziehen. Ansonsten kam einem das meiste irgendwie unheimlich vertraut vor, denn Frank Plasberg hatte die "explodierenden Mieten" erst im letzten Herbst thematisiert. Seitdem scheint sich nicht viel geändert zu haben, lediglich das Regierungs- und Diskussionspersonal wurde ausgewechselt. Merke: Manchmal kann auch Live-Fernsehen eine Wiederholung sein.