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"Hart aber fair" Hart aber fair mit Frank Plasberg: AfD-Mann Alexander Gauland entschuldigt sich nicht bei Aydan Özuguz

Von Thomas Geisen 29.08.2017, 06:15

„Der Globus quietscht und eiert“ - man fühlte sich an das Lied aus der alten „Mundorgel“ des Evangelischen Jungmännerwerkes erinnert. Nun, heute quietscht und eiert es anders: Terroristen, Kriegsdrohungen, Flüchtlinge. Die Welt ist in Aufruhr - und Außenpolitik deshalb eines der wichtigen Themen im Wahlkampf, meinte die TV-Verantwortlichen. Ob das so ist?

Voll am Puls der (Wahlkampf-)Zeit wähnte man sich, noch näher am Bürger, die dem Plasberg-Team die Arbeit abnahmen, sich Fragen auszudenken. So dass der Moderator einzig und allein einige der Größen der deutschen Talkszene orchestrieren musste, die sich über das Horrorkabinett der internationalen Politik auslassen sollten: Donald Trump (USA), Wladimir Putin (Russland), Recep Tayyip Erdogan (Türkei) - jeder für sich in der Anhäufung von Größenwahn, Großkotzigkeit, Rechtsbrüchen und Säbelrasseln einem aus diesen schlechten Eigenschaften zusammengeflickten Frankenstein-Monster ähnlich. Aber wozu in die Ferne schweifen, wenn das Übel so nahe ist?

Alexander Gauland

Völlig unerwartet, aber politisch auch wieder gar nicht so überraschend, stand einer der Diskutanten im Mittelpunkt, der sicher in dem Club der demokratiefernen Despoten bestens Unterschlupf finden würde: Alexander Gauland, AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, hatte es in die Nachrichtenflow des Tages geschafft mit der Bemerkung über die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz: „Wir werden sie … in Anatolien entsorgen können."

Wo sind die Grenzen des menschlichen Anstands, wurde der AfD-Mann gefragt: Menschen wie Müll titulieren, behandeln. Nein, er habe bei dem Wahl des Begriffs daran nun wirklich nicht gedacht. Überhaupt mit den Gedanken: in Interviews hatte er sich mal gar nicht an den Begriff erinnert, dann wieder doch, dann sei er halt in einer freien Rede gefallen. Fazit „Ich muss nicht nicht entschuldigen.“

Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, nannte Gaulands Sprache „ekelhaft“. Er sei ein Brandstifter, Menschenverachtung würde bei ihm zu einem politischen Stilmittel. Jürgen Trittin (Grüne), ebenfalls Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, pflichtete bei und empörte sich, dass „hier eine Bürgerin dieses Landes sprachlich ausgebürgert“ werden sollte.

Julie-Christin Göths, Jahrgang 1995 und Erstwählerin – in den kommenden Wochen sollen immer auch Erstwähler mit am „hart aber fair“-Tisch sitzen -, meinte ebenfalls, dass gegen die AfD und ihre Thesen gekämpft werden müsse. Ob denn eine Anklage wegen Volksverhetzung, wie ein Jurist spekulierte, kommen wird – Gauland gab sich sehr gelassen. Nur zur Erinnerung: Gauland ist derjenige, der den dunkelhäutigen deutschen Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng nicht als Nachbarn haben will. Und so macht Gauland es immer: zündeln, Beifall erhalten, am nächsten Tag abwiegeln, vergessen, abstreiten und sich dann als völlig missverstandenes Opfer stilisieren - und alle reden drüber. AfD-Mission erfüllt!

Warum Alexander Gauland an Donald Trump erinnert

Der Übergang war dann insofern fließend, da die Hetze gegen Andersfarbige, gegen Andersdenkende auch ein Markenzeichen von US-Präsident Donald Trump ist. „Verbale Gewalt führt zu echter Gewalt“, warnte Ina Ruck, die das ARD-Fernsehstudio in Washington leitet. Tabus würden fallen, eine schwarze Frau berichteten ihr, sie sei erstmals in ihrem Leben als „Niggerin“ beschimpft worden. Gauland erinnere sie an Trump.

Norbert Röttgen gab sich staatsmännisch: Man solle nicht Trump und das Land verwechseln, gleichsetzen. Und: man müsse für das deutsch-amerikanische Verhältnis kämpfen, neue Projekte finden. Jürgen Trittin war amüsiert über die Tatsache, dass die Deutschen ausgerechnet an der Seite von China für den Freihandel kämpfen würden. Und sonst: man solle Trump nicht hinterherlaufen.Vor allem sollte man in der Friedenssicherung nicht so sehr auf das Militär und die Zwei-Prozent-Forderung von Trump an die Nato-Partner, sondern mehr auf zivile Anstrengungen Wert legen.

Von erfrischender Direktheit die Erstwählerin Julie-Christin Göths: Merkel solle Klartext nicht nur in einem bayerischen Bierzelt reden (wo sie davon gesprochen hatte, die USA seien kein verlässlicher Partner mehr). Ihr Aufforderung: Mehr Härte zeigen!

Dass man sich aber auf dem internationalen Terrain allerdings mit dem Personal abfinden muss, das da ist wurde auch bei

Wladimir Putin

klar. Alexander Gauland bezweifelte den Sinn der Sanktionen: „Schaden uns und ändern nichts auf der Krim.“ Die Nato-Ost-Erweiterung sei ein Fehler gewesen. Ina Ruck entgegnete: „Wenn Russland sich auf Kosten der Ukraine bereichert, können wir das nicht akzeptieren.“ Und das heißt? Das wurde auch nicht so richtig klar. Ähnlich schwammig auch beim Blick auf

Recep Tayyip Erdogan

Die Deutschen ließen sich durch das Flüchtlingsabkommen erpressen, meinte eine Zuschauerin. Der Vorwurf brachte Röttgen in Wallung: zu einer Erpressung gehörten immer zwei. Und die Bundesregierung lasse sich eben nicht unter Druck setzen. Trittin nannte die Aktionen von Außenminister Sigmar Gabriel halbherzig. Wenn er von Reisen in die Türkei abraten, dann müsste er auch tatsächlich eine Reisewarnung aussprechen. Außerdem dürfte man keine Panzerfabrik in der Türkei finanzieren und Kredite dürften aus der Bundesrepublik auch nicht fließen. Röttgen schaffte am Schluss immerhin noch die Einschätzung, die Türkei passe in der derzeitigen Form nicht in die Europäische Union.
Und die Erstwählerin: „Irgendwie ist Erdogan irre, ich weiß nicht, in welcher Welt der lebt.

Bleibt noch die Prognose der Expertin Ina Ruck: Wenn der Westen Erdogan fallen lässt, tut der sich mit Putin zusammen.
Keine verlockenden Aussichten.