"Hart aber fair" "Hart aber fair": Explodierende Mieten sind eine tickende Zeitbombe

Was tun gegen fehlende Wohnungen und explodierende Mieten, fragte Frank Plasberg und griff damit ein Thema auf, dass in deutschen Großstädten gerade viele Menschen und darunter beileibe nicht nur Wohnungssuchende umtreibt. Denn auch wer heute ein bezahlbares Dach über dem Kopf hat, kann sich nicht unbedingt sicher sein, dass er sich dieses demnächst – oder gar im Alter – noch leisten kann.
Wer durfte mitreden?
Alexander Graf Lambsdorff
Der FDP-Politiker sollte aus dem Nähkästchen der Jamaika-Verhandlungen plaudern, brachte stattdessen aber das Vorbild Niederlande ins Spiel und will „Zielkonflikte“ beispielsweise zwischen Ökologie und Wohnungsbau demnächst zugunsten des Wohnungsbaus regeln. Was wohl die Grünen dazu sagen? Mangels eines potentiellen Koalitionspartners am Tisch war Graf Lambsdorff insgesamt eher auf Konsens aus.
Thomas Hafner
Der Familienvater sucht seit fünf Jahren im Frankfurter Umland erfolglos eine neue Wohnung, wirkte dafür aber noch recht entspannt. An die Wirksamkeit der Mietpreisbremse glaubt er schon lange nicht mehr, bei Massenbesichtigungen fühlte er sich wohl nicht ungefähr an Demonstrationen erinnert. Langes Pendeln ist für ihn nur für Leute sinnvoll, die ihre Familie nicht mehr sehen wollen.
Caren Lay
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linke im Bundestag stellte sofort die Grundsatzfrage: Wollen wir Großstädte für alle oder Verhältnisse wie in Paris oder London, wo sich nur noch Besserverdienende die Mieten leisten können? Sie plädierte dafür, den sozialen Wohnungsbau kräftig anzukurbeln und schien ansonsten noch im Wahlkampfmodus zu sein.
Gerhard Matzig
Es veröden ganze Stadtviertel, weil viele Mietwohnungen nur noch weitgehend unbewohnte Anlageobjekte reicher Menschen sind: Als Münchner sprach der Architekturkritiker der „Süddeutschen Zeitung“ auch aus eigener Erfahrung. Für Matzig ist die Wohnungsnot der größte „soziale Sprengstoff“ unserer Zeit, bei der politisches Lagerdenken und Schuldzuweisungen nicht weiterhelfen. Er plädierte unter anderem für die Verdichtung des Wohnraums und stellte ansonsten für alle Gäste fest: Wohnen ist ein Grundrecht und existentiell. Im übrigen sieht schon die nächste Krise kommen: In einigen Jahrzehnten werden die vielen Einfamilienwohnungen in den Vororten nicht mehr nachgefragt und drastisch im Wert fallen.
Klaus-Peter Hesse
Mit dem deutschen Wohnungsmarkt stimmt schon lange etwas nicht mehr, sagte der Geschäftsführer des Immobilienverbandes ZIA und hatte auch die Lösung parat: Weniger staatliche, das private Bauen erschwerende Regulierung. Er warf den Kommunen vor, dass sie Bauprojekte so teuer machen, dass gerade die Wohnungen für mittlere Einkommen auf der Strecke bleiben. Der soziale Wohnungsbau werde dagegen noch vergleichsweise effektiv von den Spitzenmieten subventioniert.
Was machte Plasberg?
„Da tickt eine Zeitbombe", konstatierte der Moderator zum Einstieg und ermunterte seine Gäste, sich als Bombenentschärfer zu betätigen. Er ließ es sich nicht nehmen, die Linken-Politikerin etwas ungalant nach ihrer persönlichen Wohnsituation zu fragen; die anderen Gäste ließ er in dieser Hinsicht unbehelligt.
Wie hoch war der Erregungsfaktor?
Über die Mietpreisbremse stritten vor allem Lay und Hesse, die jeweils arge Schwierigkeiten hatten, den anderen ausreden zu lassen. Ansonsten herrschte in Sachen Mietpreisbremse eher allgemeine Resignation. Leider hatte Plasberg keinen Politiker der Grünen eingeladen, denn so konnte Graf Lambsdorff unwidersprochen maulen, dass die Ökos auf jedem möglichen Baugrund eine unter Artenschutz stehende Raupe finden würden.
Was haben wir gelernt?
Es gibt auch gute Nachrichten: Ein NRW-Unternehmen erlaubt Mietern die Wohnung zum gleichen Preis zu wechseln, wenn ihre alte Wohnung nicht mehr altersgerecht ist. Ansonsten ist die Lage schlecht und wird so schnell nicht besser werden. Alle haben versagt. Oder anders ausgedrückt: Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.