TV-Kritik "Hart aber fair" "Hart aber fair": ARD-Talk mit Frank Plasberg: Ralf Höcker CDU-Mitglied kritisiert Angela Merkel am schärfsten
Das Thema
„Die ewige Kanzlerin – ist Merkel die Lösung oder das Problem?“
Man kam schnell ab vom Thema Merkel - und schwenkte zur Wahl des Bundespräsidenten in Österreich und zur Volksabstimmung in Italien, dem „Renzirendum“. Eine solche Themenvielfalt muss nicht schlecht sein, ließ die Sendung jedoch überraschend konzeptionslos wirken. Die Meinungen über Renzis Verhalten gingen dabei weit auseinander. Ist der Mann extrem ungeschickt vorgegangen? Hat er ein gutes Projekt in den Sand gesetzt? Haben die Italiener weise entschieden?
Die Gäste
Melanie Amann, Journalistin des „Spiegel“, zeigt sich skeptisch, was die Bedeutung Merkels in der europäischen Politik angeht, erst recht kann sie deren „gottgleiche Verehrung“ nicht nachvollziehen. „Ich glaube, dass ihre Rolle überschätzt wird, was ihre Position in Europa angeht.“ Amanns Befürchtung: „Sie hat bei ihrer bisherigen Politik eine Atmosphäre erzeugt, die den Populisten in die Hände spielt.“ Merkel, keine Frage, sei ein Teil des Problems, sagt die Frau, die bei fast jeder Frage erst einmal nachfragen muss, ehe sie sie beantwortet.
Elmar Brok, Europaabgeordneter der CDU und Außenpolitischer Sprecher der EVP, fühlt sich durchaus noch wohl in seiner Partei. Frau Merkel gehe nach vorne und sei bereit, Reformen zu forcieren. Mehr noch: „Sie strahlt Sicherheit aus.“ Schade, dass der ansonsten gut vorbereitete und souveräne Politiker sich nicht den ein oder anderen Seitenhieb gegen Melanie Amann und den „Spiegel“ verkneifen konnte, was mitunter nur knapp über die Gürtellinie ging.
Ralf Höcker, Professor für Medienrecht und Mitglied im konservativen CDU-Kreis „Konrads Erben“, erkennt seine eigene Partei nicht wieder und hat nur einen Wunsch: „Frau Merkel, treten Sie nicht noch einmal vier Jahre an.“ Die Gründe für diesen frommen Wunsch liegen nach Ansicht des Medienrechtlers, der sich selber als „Parteileiche“ bezeichnet, auf der Hand: „Keiner unserer europäischen Nachbarn versteht uns noch, Konrad Adenauers Erbe ist gefährdet.“ Auf Verständnisschwierigkeiten stieß Höcker auch in dieser Diskussionsrunde, als er Merkels „Grenzöffnung“ im vergangenen Jahres als klaren Rechtsbruch und „unethisches“ Verhalten abkanzelte. „Diese Menschen“, so seine Argumentation, „kommen aus sicheren Drittstaaten“. Es sei unzulässig, ihnen falsche Hoffnungen zu machen.
Alan Posener, Korrespondent für Politik und Gesellschaft der „Welt“-Gruppe, steht hinter Merkel und ihrer Politik, was durchaus pragmatisch zu verstehen ist. „Es gibt niemanden außer ihr, der den Laden zusammenhält. Sie ist die Einzige“ - was einer der wenigen Sätze war, der an diesem seltsam konfusen Abend spontanen Beifall bekam. Merkels Verdienst in Zeiten wie diesen: „Deutschland ist eine Insel der Stabilität.“ Ein wuchtiger Satz von einem zurückhaltenden Diskussionsteilnehmer, der in dieser Runde reichlich blass wirkte.
Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter der Grünen und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, spendet der Bundeskanzlerin ebenfalls Lob. „Sie hat die CDU in der Energiepolitik und in anderen Fragen auf die Höhe der Zeit gebracht.“ Auch er stellt sich die Frage: „Hat die CDU jemand anderes? Nein, hat sie nicht.“ Der Grünenpolitiker macht keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die Position Höckers in der Flüchtlingsfrage, was der Diskussion für einen Moment eine unerwartet empathische Note gibt. „Diese Menschen sind nicht gekommen, weil Merkel sie eingeladen hat, sondern weil Aleppo bombardiert wurde.“ Beifall auch dafür.
Der Moderator
Frank Plasberg zeigte sich gewohnt routiniert und ausufernden Diskussionen gewachsen: „Es ist das Schöne, dass man hier alles sagen kann. Es ist nur die Frage - wann.“
Der Lern-Faktor
An Merkel scheiden sich die Geister.
Der Spannungs-Faktor
Hielt sich in Grenzen. Das Thema „Merkel ja oder nein“ war überraschend schnell ausgereizt, und so wandte man sich anderen Fragen - beispielweise der über den Begriff Political Correctness. Fast schien es, als wolle man die Zeit totschlagen. Wie sonst ist ein Geplänkel über den „Schokolino“ zu erklären, der als „Mohrenkopf“ bekannt war? Wenig themenbezogen auch die Schlussfrage Plasbergs: „Wann haben Sie Ihre politische Meinung einmal komplett geändert?“
Der beste Satz
„Können wir bitte ohne Chorgesang auskommen.“ (Frank Plasberg als alle durcheinander reden)