Game of Thrones Game of Thrones: So analysiert eine Professorin die Kultserie

Ein wüstes Spektakel mit Magie und Zauberzeug, so wird die Erfolgsserie „Game of Thrones“ auch nach Ausstrahlung der sechsten Staffel gelegentlich noch abgetan.
Wie zuvor die Bücher von George R. R. Martins, der mit seiner Mega-Saga „Ein Lied von Eis und Feuer“ seit ziemlich genau 20 Jahren gegen das Vorurteil kämpft, eigentlich so etwas wie Kinderbücher für Erwachsene zu schreiben, steht auch die multimillionenschwere Fernsehserie mit bisher 60 Folgen unter dem Verdacht, ein reines Fantasiegebilde zu sein.
Englische Professorin Carolyne Larrington analysiert Fantasy-Geschichte
Ein Eindruck, dem Carolyne Larrington jetzt entschieden widerspricht. In ihrem Buch „Winter is coming - die mittelalterliche Welt von Game of Thrones“ arbeitet die Professorin des St. John's College im englischen Oxford heraus, was sich wirklich hinter den Figuren, Konflikten und Traditionen verbirgt, die R. R. Martin in bisher zehn voluminösen Bänden vor seinen Lesern ausgebreitet hat.
Die Expertin für mittelalterliche englische Literatur, die sich besonders für die Artus-Sage interessiert, analysiert die Welt von Westeros, Braavos und der feindseligen Region hinter der Mauer mit den Mitteln der Wissenschaft, um ihre Ursprünge zu entdecken. Und sie wird fündig.
Diese Parallelen sieht Larrington zwischen der Serie und der Geschichte Englands
So beschreibt sie Parallelen zwischen Königin Margaret von England, die als Ehefrau des englischen Königs Henry IV. nach dessen geistigem Verfall versuchte, die Macht in der Familie der Lancasters zu halten. Was damals um 1455 zu den über 30 Jahre andauernden blutigen Rosenkriegen um den englischen Thron führte, in deren Verlauf die rivalisierenden Adelshäuser York und Lancaster sich gegenseitig nahezu völlig auslöschten, könnte eine Inspirationsquelle für Martin gewesen sein.
Allerdings ist es nicht die einzige, wie Carolyne Larrington diagnostiziert - was den Zusammenbau zu einem funktionierenden Universum eher erschwert haben könnte. Denn George Raymond Richard Martin, der erst mit Ende 40 begonnen hatte, sein Hauptwerk zu schreiben, kombiniert hier Ritter und Vampire, Verschwörungsthriller und Horrorromane, es sind Anflüge von klassischen Kreuzzugsgeschichten zu finden, es gibt jede Menge „House of Cards“-mäßiges Politgerangel, Begegnungen mit Mongolenstürmen, seltsamen Sekten und bizarren Religionen.
Welche Rolle spielt das "Alte Europa" in der Kultserie?
Aber auch Momente auf langen exotischen Reisen in Gegenden, wie sie noch kein Mensch zuvor gesehen hat. Jedenfalls keiner aus Westeros, das in Martins Geschichte die Rolle des alten Europa spielt und deshalb von Fans auch „die bekannte Welt“ genannt wird. Hier entspringen die Gelüste auf die Weltherrschaft, hier toben die entscheidenden Schlachten, so wie es, beschreibt Larrington, auch im wirklichen Mittelalter war.
Das bildet trotz aller Exotik und der gelegentlich auftauchenden Magie das Fundament der gesamten Erzählung. Die Erbfolge ist in den meisten der sieben Königreiche - so wie im England unter Tudors und Stuarts - ein kompliziertes und zuweilen konfliktauslösendes Reglement, das dazu gedacht war, die herrschenden Familien vor der Zerstückelung ihres Erbes zu bewahren.
Wirtschaftsentwicklung und Ökologie
Häufig genug aber wie auf Westeros zu Kämpfen und Kriegen zwischen selbsternannten Thronanwärter zweiten und dritten Grades führte. Zu alledem noch die dunkle Drohung von der anderen Seite der Mauer, ein weniger magischer als sehr realistischer Kunstgriff, der es möglich macht, reale Fragen in einen fiktiven Rahmen zu stellen, wie Carolyne Larrington meint. Wie im richtigen Leben gehe es auch in den sieben Königreichen um die Erschöpfung von Rohstoffvorkommen, um den Wandel traditioneller Lebensgewohnheiten und um die weitreichenden Folgen von Klimaveränderungen, die zu Auslösern von Fluchtbewegungen werden, die Gesellschaften mehr erschüttern als alle Kriege bis dahin.
Carolyne Larrington, Winter is coming, Theiss-Verlag, 19,95 Euro
(mz)