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Dreiteiler auf RTL Dreiteiler auf RTL: Winnetou erstrahlt in neuem Glanz - alte Helden in Nebenrollen

Von Anne Burgmer 25.12.2016, 12:07
Nik Xhelilaj (l.) und Wotan Wilke Möhring in der Neuverfilmung.
Nik Xhelilaj (l.) und Wotan Wilke Möhring in der Neuverfilmung. RTL, dpa

Köln - RTL erfüllt Karl May einen Lebenstraum. Der Kölner Sender macht den Autor in seiner Neuverfilmung der „Winnetou“-Filme zu Old Shatterhand. May, der Zeit seines Lebens neben der Schriftstellerei vor allem durch Betrügereien und Hochstapelei auffiel und sich gerne in der von ihm geschaffenen Rolle inszenierte, hätte das bestimmt gefallen. Wotan Wilke Möhring spielt den deutschen Ingenieur, der in den 1860er Jahren in die USA auswandert, um dort beim Bau der Eisenbahn zu helfen.

Im Zug trifft er auf eine Dame, die ihn mit ängstlichem Blick anschaut. So weit in den Westen wolle er reisen? „Haben Sie denn keine Angst vor den roten Bestien?“, fragt sie ihn. Ein schöner kleiner Einfall, denn sie wird ausgerechnet dargestellt von Marie Versini, und die spielte ja einst Winnetous Schwester. Ihre Gastrolle ist ein gutes Beispiel dafür, wie RTL und die Produktionsfirma Rat Pack es angegangen sind, die fast 50 Jahre alten Originale neu zu verfilmen. Sie stellen Bezüge zu den Klassikern her, konnten neben Versini auch Mario Adorf und Gojko Mitic, den ostdeutschen Vorzeigeindianer der 60er Jahre, für das Projekt gewinnen.

„Traum von Versöhnung“ 

Warum überhaupt noch einmal Winnetou verfilmen? Diese Frage musste Regisseur Philipp Stölzl in den vergangenen Jahren häufig beantworten. „Weil Winnetou uns noch etwas zu sagen hat“, ist er überzeugt. Man möge den „Traum von Versöhnung“ naiv finden, aber er lasse die Geschichte nach so vielen Jahren immer noch glühen und zum Mythos werden. Und ganz nebenbei ist es eine Botschaft, die perfekt zu Weihnachten passt.

Nun ist es immer ein Wagnis, einen Stoff aufzugreifen, den so viele in der Originalfassung gesehen und geliebt haben. Dabei wird leicht vergessen, dass man die Helden der Kindheit ja meist sehr verklärt und die 60er-Jahre-Filme keinesfalls unantastbar sind. Karl Mays Vorstellung vom edlen, aber eben auch immer etwas einfältigen Wilden, sein am Schreibtisch erdachtes und romantisch-verklärtes Bild vom „Wilden Westen“, sein völlig überholtes Frauenbild – all das ist heute nur noch schwer zu ertragen.

Bemühung um Authentizität 

Nun sind auch die Neuverfilmungen nicht (wie einst Kevin Costner mit seinem „Der mit dem Wolf tanzt“) angetreten, ein möglichst realistisches Bild des Lebens im 19. Jahrhundert zu zeichnen. Die Guten sind immer noch gut, die Bösen – Rattler (Jürgen Vogel) in Teil 1, Fahri Yadim als durchgeknallter mexikanischer Bandit El Mas Loco und Mario Adorf und Michael Maertens als Vater und Sohn Santer in Teil 3 – immer noch sehr böse. Aber ansonsten bemühen sich die Macher um mehr Authentizität.

Die Indianer sprechen die Indianer-Sprache Lakota und gebrochen Deutsch – Englisch kommt nicht vor. Und neben Old Shatterhand (den Wotan Wilke Möhring angenehm unheldenhaft anlegt) und einem durchtrainierten Winnetou – der Albaner Nik Xhelilaj musste eine strenge Diät einhalten, weil er anders als Pierre Brice ständig mit freiem Oberkörper herumläuft – gibt es eine dritte Hauptfigur: Winnetous Schwester. Diese Nscho-tschi (dargestellt von der Mexikanerin Iazua Larios) ist nicht nur schmückendes Beiwerk und stirbt – anders als im Original – auch nicht früh. Vielmehr ist sie die weise und angesehene Schamanin ihres Stammes. Eine starke und mächtige Frau, die sich Old Shatterhand sehr bewusst als Mann an ihrer Seite aussucht.

Inhaltliche Parallelen zum Original

Inhaltlich orientieren sich die drei Teile an den Vorgängern. Im ersten Film gilt es, das Land der Apachen vor dem Bau der Eisenbahn zu retten, in Teil 2 muss der Schatz im Silbersee gefunden werden und im letzten Film will ein skrupelloser Geschäftsmann die Indianer vertreiben, weil auf deren Land Öl gefunden wurde.

Gedreht wurden die drei Teile wie auch die 60er-Jahre-Filme in den Nationalparks von Paklenica und Krka in Kroatien. Das Team hatte dabei mit brütender Hitze und Unwettern zu kämpfen. 76 Schauspieler und 4000 Komparsen kamen zum Einsatz, 160 Indianerkostüme wurden handgefertigt, 40 Kilo Federn verarbeitet. Diese Liebe zum Detail sieht man den Filmen an. Abgesehen von einigen Sequenzen, an denen die Tricktechnik an ihre Grenzen stößt, etwa bei der Sprengung der Brücke im ersten Teil, sind die Bilder beeindruckend. Auch die Originalmusik von Martin Böttcher taucht wieder auf, neu arrangiert von Heiko Maile.

Am Ende der drei sehr unterhaltsamen und durchweg gut besetzten Teile reichen sich Siedler und Indianer die Hände. Die Utopie ist wahr geworden. Der Opfertod des Apachen-Häuptlings hat den Menschen Frieden gebracht. Da ist der Weg zu dem Kind in der Krippe plötzlich nicht mehr weit.