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Die Glasbläserin

11.12.2016, 23:01
Film-Schwestern: Maria Ehrich (als Marie Steinmann, r) und Louise Heyer (als Johanna Steinmann). Foto: Michael Heitmann
Film-Schwestern: Maria Ehrich (als Marie Steinmann, r) und Louise Heyer (als Johanna Steinmann). Foto: Michael Heitmann dpa

Berlin - Es ist eine Geschichte über zwei Schwestern im Thüringer Wald gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Sie müssen sich allein behaupten - als Frauen, in ihrem Beruf, in der Gesellschaft.

Das ist schon ein etwas anderer Stoff als „Die Wanderhure” oder auch „Die Hebamme”. Wie es den beiden Frauen ergeht, kann man im TV-Drama „Die Glasbläserin” am Montag (20.15 Uhr) im ZDF verfolgen.

Der Thüringer Wald steht tief verschneit, im Winter des Jahres 1890. Die beiden Schwestern Johanna (Luise Heyer) und Marie Steinmann (Maria Ehrich) sammeln Holz und kehren dann nach Hause zurück. Dort liegt der Vater neben einer zerbrochenen Glaskugel - tot. Mutter und Brüder sind schon vor Jahren gestorben. Nach der Beerdigung versuchen die Waisenmädchen die Glasbläserei fortzuführen. Doch weil Frauen kein Glas blasen dürfen, treffen sie auf einige Widerstände.

Also trennen sie sich: Johanna tritt in die Dienste des Glashändlers Friedhelm Strobel (Dirk Borchardt), wo sie ein gutes Gehalt und ein Zimmer bekommt. Marie arbeitet als Glasmalerin beim jähzornigen Wilhelm Heimer (Max Hopp), dessen Sohn Thomas (Franz Dinda) sie bald heftig umwirbt und schließlich heiratet. Doch als er sich als übler Schläger und Trinker entpuppt, und Johanna von ihrem Chef ebenfalls verprügelt und vergewaltigt wird, ziehen die zwei entehrten Schwestern die Reißleine.

Sie übernehmen - zunächst heimlich - dann doch die väterliche Glasbläserei und treten bald in offene Konkurrenz zu den Männerbetrieben. Schließlich erfinden sie das, was ihre Zukunft rettet: die Weihnachtskugel - auch wenn das historisch so natürlich nicht stimmt. Und als rettender Engel taucht ein smarter amerikanischer Geschäftsmann auf, der nicht nur viele Kugeln haben will, sondern Maries Herz gleich mit. Und Johanna hat endlich Augen für den netten Nachbarn Peter (Robert Gwisdek).

Regisseurin Christiane Balthasar (46, „Der Wagner-Clan”) hat in der Nähe von Prag und in Böhmen gedreht und zeigt viele eindrückliche Szenen beim Glas blasen genau wie beim Kampf der Frauen um Anerkennung und Gleichberechtigung. Balthasar legt erkennbar Wert auf korrekte Sprache - endlich sagt hier mal niemand „Hallo” zur Begrüßung, und es gibt in den Dialogen immer wieder kraftvolle Formulierungen („Lieber eine Weiberwirtschaft als ein Sauladen”).

Die Musik (Johannes Kobilke) passt wunderschön und ist nicht aufdringlich. Und die beiden Schauspielerinnen Maria Ehrich und Luise Heyer sind nicht nur glänzend besetzt, sondern spielen auch so: Man nimmt ihnen die erstaunlich modernen und selbstbewussten Frauen, die sie darstellen, jederzeit ab.

„Das ist eine absolut fiktive Geschichte, die einfach gut in die Weihnachtszeit passt”, sagt Maria Ehrich (23, „Ku'damm '56”) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Vielleicht gab es mal eine Frau, die Marie ähnlich gewesen ist. Aber sie hat sicher nicht die Weihnachtskugel erfunden.” Schade eigentlich - das passt im Film so schön. „Vielleicht hat es ganz vereinzelt solche Frauen gegeben, über die man jedoch nichts weiß. Und wenn, dann hatten sie es bestimmt schwer. Das Frauenbild damals war sehr verschwurbelt. Und diese beiden Schwestern im Film sind ja doch sehr modern für ihre Zeit.”

Der warmherzige Film, der passenderweise auch zu Weihnachten spielt, zeigt ein Stück Geschichte, wie es sich ereignet haben könnte. Aber natürlich ist er vor allem ein Märchen. Und natürlich endet er auch märchenhaft gut. Aber das geht schon in Ordnung. (dpa)