"Tatort"-Kritik Bremer "Tatort" - Kritik: Luise Wolfram als BKA-Beamtin überzeugt mit klaren Ansagen

Der Fall
Die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) mussten Bremen vor einer Katastrophe bewahren. Unbekannte schickten ein Video an die Polizei, in dem sie die Freilassung des in U-Haft sitzenden Biochemikers Urs Render (Manfred Zapatka) forderten. Der sollte öffentlich auspacken über die Geschäfte seines früheren Arbeitgebers, dessen Pestizide in Afrika Menschen töteten. In einer ersten Warnung färbten sie das Wasser der Dusche eines Freibads mit Lebensmittelfarbe blutrot. Dann verseuchten sie Teile des Trinkwassers mit eben jenen Pestiziden. 17 Menschen starben. Doch sie drohten mit einem noch größeren Anschlag.
Die Auflösung
Dieser „Tatort“ war ein Spiel gegen die Zeit. Die Zuschauer kannten die Öko-Aktivisten von Beginn an, dennoch hatte Drehbuchautor Christian Jeltsch noch eine Überraschung bis fast zum Schluss aufgehoben. Denn die Tochter des Wissenschaftlers war eben jene Terroristin Luisa Christensen (Friederike Becht). Sie wollte ihren Vater dazu bringen, endlich die Wahrheit über seine Forschungen zu sagen. Und zwar in der „Tagesschau“.
Was hat es mit dem Titel „Der hundertste Affe“ auf sich?
Der Titel bezieht sich auf eine Legende. Demnach brachten Wissenschaftler wilden Affen bei, ihr Futter vor dem Fressen zu waschen. Es dauerte ewig, bis die Affen es taten. Aber als der hundertste Affe sein Futter wusch, fingen am nächsten Tag alle Affen damit an. „Es geht also in unserem „Tatort‘“ in gewisser Weise um die „kritische Masse“, die in diesem Fall auch noch eine „träge“ ist“, sagt Drehbuchautor Christian Jeltsch. „Reicht es, eine gewisse Anzahl an Menschen von dem „richtigen Tun“ zu überzeugen, um dann am nächsten Tag alle überzeugt zu haben? Schön wär’s.“
Die Darsteller
Lürsen und Stedefreund kämpften sich in gewohnter Art und Weise durch diesen „Tatort“. Am auffälligsten war sicherlich Luise Wolfram als Linda Selb. Die BKA-Kollegin erinnerte mit ihrer Art sehr an Saga Norén aus der dänisch-schwedischen Serie „Die Brücke“. Kühl, analytisch und sehr klar in ihren Ansagen. Das gefiel vor allem Stedefreund. Im nächsten „Tatort“ aus Bremen soll sie wieder dabei sein.
Fazit
Christian Jeltsch hat schon viele Bücher für den Bremer „Tatort“ geschrieben – unter anderem über gefährliche Handystrahlung –, nun drehte er mit diesem Fall über Öko-Terroristen in Norddeutschland an einem ganz großen Rad. Es ging um die Profitgier großer Konzerne, Moral und den verzweifelten Versuch, Menschen mit den falschen Mitteln für die richtigen Themen wachzurütteln. „Der hundertste Affe“ spielte sich innerhalb weniger Stunden ab, und in denen drückte Regisseur Florian Baxmeyer ordentlich aufs Tempo: Zeitsprünge, das häufige Einblenden der Uhrzeit, schnelle Schnitte, ungewöhnliche Kamerafahrten (Kamera: Peter Joachim Krause). „Wir wollten etwas »24« kopieren“, sagte dann auch Sabine Postel in Anspielung auf die amerikanische Serie. Das Tempo hielt der „Tatort“ auch bis zum Schluss, doch trug die Produktion ziemlich dick auf. Auch bleibt fraglich, ob es wirklich so einfach ist, sich in einen Polizei-Computer zu hacken. Wer aber nicht zu viel an der Handlung hinterfragte, erlebte einen durchaus gelungenen „Tatort“-Abend.