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"Anne Will" zum Islam "Anne Will" zum Islam: Niqab-Trägerin preist die Freiheit der muslimischen Frau

Von Alexandra Knief 07.11.2016, 06:56

Was macht die Faszination des Islams auf junge Menschen aus? Warum radikalisieren sich auch in Deutschland immer mehr Jugendliche, darunter zunehmend Mädchen? Wo verläuft die Grenze zwischen Glaube und Extremismus? Und was können Eltern betroffener Kinder tun? All das sind Fragen, die Talkshow-Moderatorin Anne Will in ihrer Sendung am Sonntag zu klären versuchte.

Familiäre Probleme

Wirkliche Antworten auf die meisten dieser Fragen gab die Diskussion allerdings nicht, zumindest keine neuen - und das trotz sehr interessanter Gäste. Zum Beispiel Sascha Mané. Seine Tochter ging im Sommer 2015 nach Syrien. Ein Versuch sie aufzuhalten scheiterte. Heute hat er nur noch unregelmäßigen Kontakt per Textnachricht. Sie schreibt, dass es ihr gut geht, aber ob es wirklich seine Tochter ist, die ihm schreibt, wisse er nicht.

Den Grund für eine zunehmende Radikalisierung sieht er darin, dass Jugendlichen heutzutage zu wenige Werte vermittelt werden. Überall auf der Welt gebe es Ungerechtigkeit, Menschen werden ausgebeutet. Die Jugendlichen sehen das und wollen die Welt verbessern. Einige, so meint er, sehen im Islam eine Möglichkeit dazu, als eine Religion, die – wenn man sie richtig versteht – zum Frieden aufruft.

Nora Illi, Frauenbeauftragte des oft in der Kritik stehenden "Islamischen Zentralrats Schweiz", hingegen ist davon überzeugt, dass eine zu geringe Anerkennung von Muslimen in der deutschen Gesellschaft der Hauptgrund für Radikalisierung ist.

Die drei anderen Talk-Gäste, CDU Innenexperte Wolfgang Bosbach, Islamismus-Experte und Psychologe Ahmad Mansour und Mohamed Taha Sabri, Imam der Dar-as-Salam Moschee in Berlin-Neukölln, waren sich im Grunde einig darüber, dass vor allem Jugendliche, die Probleme in der Familie haben, dazu neigen, sich radikalen Gruppierungen anzuschließen. Dass also vor allem psychologische und soziologische Gründe zu einer Radikalisierung führen können. Oftmals seien die Jugendlichen perspektivlos und ihnen fehle das Gefühl von Zugehörigkeit. Deswegen sei es leicht für „Seelenfänger“ ihnen Versprechungen zu machen, ihnen das Gefühl von Zugehörigkeit zu geben. Keine diese Aussagen sollte beim Zuschauer ein allzu großes Aha-Erlebnis ausgelöst haben.

Vollverschleierte Illi katapultiert sich ins Abseits

Immer wieder schweifte die Diskussion ab, es ging um das Thema Rechte der Frau im Islam und darum, welche Formen des Islams richtig und welche falsch sind. Dazu trug vor allem Nora Illi bei. Mit 18 konvertierte sie und entschied kurze Zeit später, sich nur noch mit einem Gesichtsschleier, dem sogenannten Niqab, in der Öffentlichkeit zu zeigen. Frau Illi versuchte aufzuzeigen, wie sich ihr Leben seit dem zum Positiven verändert hat, wie toll es für sie als Frau ist, seit sie konvertiert ist.

Wer allerdings an dieser Stelle auf eine spannende Diskussion mit nachvollziehbaren Argumenten gehofft hatte, die zum gegenseitigen Verständnis beitragen und den Dialog zwischen den Religionen fördern könnte, wurde schnell enttäuscht. Illis Argumente für den Islam: Eine Muslimin müsse, wenn sie arbeitet, nicht all ihr Geld in den Unterhalt der Familie stecken, sondern dürfe auch einen Teil für sich selbst behalten. Mit weiteren teils fragwürdigen Aussagen, die auch bei allen anderen in der Runde auf Unverständnis stießen, katapultiert sie Nora Illi schnell ins Aus.

Immer wieder musste Anne Will ihre Talk-Gäste unterbrechen und ermahnen, beim Thema zu bleiben. Mal hatte sie dabei mehr, mal weniger Erfolg. Hin und wieder beendete sie die Sätze ihrer Gäste, um dann ein neues Thema anzuschneiden. Eine gelungene Moderation sieht anders aus.

In Einklang mit der Demokratie

Mansour versuchte als einziger in der Runde, auch eine konstruktive Lösung für das Problem anzubieten und betonte, wie wichtig es sei, dass gerade auch der muslimische Teil der Bevölkerung den Jugendlichen einen Glauben anbietet, der nicht zu Radikalisierung führt – ein Islamverständnis, dass keine Feindbilder schafft, sondern mit wichtigen Aspekten der Demokratie wie Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit vereinbar ist. Er betonte, wie wichtig es sei, dass alle an einem Strang ziehen, um der weitverbreiteten Islamfeindlichkeit auf der einen Seite, der Radikalisierung auf der anderen einen Riegel vorzusetzen.

Insgesamt war es keine erhellende Diskussion, die sich dem Zuschauer darbot, die Argumentationen schon tausendfach dagewesen und wenig bereichernd. Vielleicht war dies zu einem Teil aber auch der eingeschränkten Zeit geschuldet.