AfD-Vize Gauland bei Anne Will AfD-Vize Alexander Gauland bei Anne Will: Gauland über seine Boateng-Aussage: "Ich wurde reingelegt"

Berin - „Guter Nachbar, schlechter Nachbar. Wie rassistisch ist Deutschland?“ wollte Anne Will am Sonntagabend wissen. Stein des Anstoßes war eine Bemerkung vom AfD-Vize Alexander Gauland. In einem Gespräch mit Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte er, jemanden wie Boateng wollen die Leute nicht als Nachbarn.
„Dass Sie mich reingelegt haben, ist doch völlig klar“, verteidigte sich Gauland gleich zu Beginn der Sendung gegenüber dem FAZ-Journalisten Eckart Lohse. Der AfD-Vize habe gar nicht gewusst, wer Boateng war, der Name wäre stattdessen von Lohse oder seinem Kollegen ins Spiel gebracht worden.
Warum sich Gauland trotzdem zu einer Bemerkung zu einem ihn unbekannten Menschen hinreißen ließ? Ganz einfach: Er dachte, es handle sich um einen Moslem. Dass Boateng ein deutscher Christ ist, habe ihm später erst Parteikollegin Beatrix von Storch gesagt. Überhaupt, so Gauland, sollten gute Journalisten doch bitte nachfragen, ob ihr Gegenüber den von ihnen genannten Namen kennt. Das bedeutet also, selbst wenn ein gestandener Politiker bereitwillig antwortet, sollten Journalisten in Zukunft lieber nochmal nachfragen, ob derjenige wisse, was er da eigentlich redet.
Typisches Muster der AfD
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sah im Verhalten Gaulands dagegen ein typischen Muster der AfD. Erst für Schlagzeilen sorgen, und dann mit fadenscheinigen Argumenten wieder zurückrudern. Verteidigt wurde Gauland nur vom Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt. Die Bemerkung es AfD-Vize wäre nicht rassistisch gewesen, da Gauland über die Ansichten „der Leute“ gesprochen habe und nicht über seine eigenen.
Erst nach rund 20 Minuten begannen die Gäste, über das eigentliche Thema der Sendung zu diskutieren. Patzelt sieht hinter dem Rassismus in Deutschland vor allem Abstiegsängste aufgrund der Zuwanderung. Es müsse einen „ernsthaften“ Diskurs geben. Das ließ Migrationsforscherin Bilgin Ayata nicht gelten. Wer alles auf die Ängste der Leute schiebe, vergesse die Verantwortung der Politik. Auch etablierte Partien hätten diese geschürt. „Die Leitkulturdebatte ist älter als die AfD.“
„Schüren Sie Rassismus?“
Anne Will fragte daraufhin direkt bei Gauland nach. „Schüren Sie Rassismus?“ Gauland verneint dies natürlich, stattdessen würde seine Partei nur den Menschen am unteren Ende der sozialen Skala eine Stimme geben. Hätten dies die etablierten Parteien getan, würde die AfD gar nicht gewählt werden. Erst durch die AfD hätte es überhaupt ein Integrationsgesetz mit Fördern und Fordern gegeben. Maas kontert, mit der AfD hätte es ein solches Gesetz erst recht nicht gegeben, da die Partei per se gegen Einwanderung ist.
Themawechsel: Wieder geht es um eine Bemerkung Gaulands. Merkel sei eine „Kanzlerdiktatorin“. Der AfD-Vize vereidigt sich nach dem alten Muster. „Björn Höcke hat den Satz gesagt.“ Er fände ihn lediglich gut, habe ihn aber nie gebraucht. Keine 30 Sekunden später zeigt Anne Will Aufnahmen, in denen Gauland sehr wohl von einer Kanzlerdiktatorin spricht. Nun heißt es von Gauland plötzlich, er habe den Satz „nur wiederholt“. Maas findet das Ganze nur noch lächerlich. „Wer soll ihnen denn noch glauben?“
Gauland findet NPD-Spruch „schlau“
Die Nächste Aussage von Gauland, um die es geht, ist noch brisanter. „Heute tolerant, morgen fremd im eigenen Land“, sagte er auf einer Kundgebung, wie in einem Videobeitrag zu sehen war. Auch hier wisse er kaum Bescheid, sagte Gauland. Er las den Spruch nur einmal auf einem Plakat und fand ihn „schlau“. Das der Spruch primär von der NPD genutzt wird und von einer rechten Band namens „Hitler lebt“ stammt, wie Maas den AfD-Vize belehrt, wusste Gauland natürlich nicht. „Ich stelle immer mehr fest: Gauland weiß nicht, was er tut“, fasst der Justizminister seinen Eindruck zusammen.
Zu guter Letzt ging es noch darum, ob Gauland und die AfD die Stimmung gegen Zuwanderer aufheizen und damit auch verantwortlich für das Anzünden von Flüchtlingsheimen sind. Wieder einmal kann Gauland nichts dafür, sagt er. Man könne ja schließlich Marx auch nicht für die Taten von Stalin zur Rechenschaft ziehen. Ein steiler Vergleich. Ayata versucht es direkt: „Haben sie schon gesagt: Macht das nicht?“ Noch bevor Gauland richtig antworten kann, muss Anne Will aus Zeitknappheit leider unterbrechen. Das Schlusswort hat Migrationsforscherin Ayata. Sie fordert, dass der Alltagsrassismus mehr in den Mittelpunkt der Debatte rücken muss, und nicht die Aussagen einzelner Rechtspopulisten.