Petry geht gegen Studie vor AfD-Chefin Frauke Petry geht gegen Studie vor: Gericht verbietet Teile des Lügen-Rankings

Köln - Die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft darf eine zentrale Schlussfolgerung ihres im Sommer veröffentlichten „Faktenzoom“ nicht mehr verbreiten. Zwölf Schüler hatten Talkshows geschaut und dabei mehr als 700 Politiker-Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass AfD-Chefin Frauke Petry mit 26,3 Prozent Falschaussagen (zehn von 38 überprüften Aussagen wurden als falsch bewertet) die Politikerin sei, die am häufigsten die Unwahrheit sage. „Gut ein Viertel ihrer Behauptungen mussten wir beanstanden, gut 15 Prozent waren komplett falsch.“
Das Landgericht Köln hat nun in einer einstweiligen Verfügung die Verbreitung dieser Aussage verboten. Die Kosten des Verfahrens trägt zu 70 Prozent Frauke Petry, zu 30 Prozent die Journalistenschule. Die Kanzlei Höcker Rechtsanwälte, die Petry vertritt, hatte insgesamt sechs von den Journalistenschülern als falsch bewertete Aussagen angegriffen. In zwei Fällen gaben die Richter nun Petry recht. So hatten die Studenten die AfD-Politikerin mit dem Satz „Die SPD fordert eine Obergrenze für Flüchtlinge“ zitiert und diesen als falsch gewertet. Petrys genauer Wortlaut war jedoch: „Die Obergrenze wird aus der SPD gefordert.“
Petrys Anwalt spricht von moralisch verwerflicher Studie
Für Petrys Rechtsanwalt Carsten Brennecke steht fest, dass die Journalistenschüler in „moralisch verwerflicher Weise eine ergebnisorientierte Studie vorlegten, um unsere Mandantin als »Lügen-Petry« zu brandmarken“, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte. Er spricht von einer „getürkten Auswertung“.
Die Schule habe gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen und schon bei der Auswahl der untersuchten Aussagen viele wahre Äußerungen Petrys außer Acht gelassen, um den Prozentsatz der Falschaussagen zu steigern. Die Studie kranke somit an methodischen Fehlern, „denn wenn man alle untersuchten Aussagen von Frau Petry ordnungsgemäß ohne künstliche Ausblendung wahrer Äußerungen in die Statistik hätte einfließen lassen, dann hätte der Anteil an Falschaussagen nur bei 11,63 Prozent gelegen.“
„Das ist eine infame Unterstellung“
Das weist Ulric Papendick, Geschäftsführender Direktor der Journalistenschule, im Gespräch mit dieser Zeitung zurück. „Das ist eine infame Unterstellung. Wir haben alle Politiker gleich behandelt und mit denselben Maßstäben gemessen. Unser Ziel war es ja gerade, das Thema auf eine Tatsachenbasis herunterzubrechen.“
Die Journalistenschule hat die Seite „Faktenzoom“, die auch in Zusammenarbeit mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ entstand, vorläufig aus dem Netz genommen. „Wir werden das Urteil des OLG analysieren und unsere Auswertung entsprechend anpassen.“ Sie schreibt jedoch, das OLG „hat unsere Bewertungen und Analysen weitestgehend bestätigt.“ Ulric Papendick betont: „Wir werden uns nicht den Vorgaben der Anwälte von Frau Petry beugen. Wir werden unsere eigene Wertung treffen und dabei mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen.“
Streit über ersten Platz
Ein entscheidender Punkt zwischen den Streitparteien bleibt, ob Frauke Petry weiterhin die Politikerin mit den meisten Falschaussagen ist. Anwalt Carsten Brennecke rechnet vor, dass sich die Quote von Frau Petry auf 21,05 Prozent verbessert habe (acht falsche Aussagen bei 38 von den Journalistenschülern für prüfbar gehaltenen Aussagen). Damit läge sie hinter CSU-Politiker Markus Söder auf Rang 2. Die Journalistenschule rechnet die beiden vom Gericht beanstandeten Aussagen jedoch aus der Summe heraus, so bleiben acht falsche bei 36 überprüften Aussagen, das ist ein Wert von 22,2 Prozent – und der liegt über dem von Markus Söder.
Brennecke spricht von einer verheerenden Rufbeeinträchtigung seiner Mandantin. Seine Kanzlei hat die Schule aufgefordert, eine Mitteilung zu veröffentlichen, die die Fehler korrigiere. Sie solle andere Medien auffordern, ihre aus dem „Faktenzoom“ resultierende fehlerhafte Berichterstattung ebenfalls zu ändern. Andernfalls leite man weitere juristische Schritte ein. Die Schule lehnt dies ab. Möglicherweise wird es also zu einem Hauptsacheverfahren kommen, in dem die Streitpunkte noch einmal genauer geprüft werden.