1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV-Tipp "Schulz in the Box": TV-Tipp "Schulz in the Box": Ohne Joko aber mit Klasse

TV-Tipp "Schulz in the Box" TV-Tipp "Schulz in the Box": Ohne Joko aber mit Klasse

Von Martin Weber 17.04.2014, 10:47
In einer Holzkiste wurde Olli ins Gefängnis verfrachtet. Nun muss er sich in seiner neuen Situation zurechtfinden.
In einer Holzkiste wurde Olli ins Gefängnis verfrachtet. Nun muss er sich in seiner neuen Situation zurechtfinden. ProSieben Lizenz

Köln - Als Sidekick der Profi-Klassenkasper Joko und Klaas ist der Mann eine Bank. Und auch als bester Fernseh-Kumpel der beiden, der jeden noch so pubertären Scheiß vollendet zur Aus- und Aufführung bringt, ist er prima. Dass Olli Schulz, eigentlich Singer-Songwriter und ein Troubadour der gepflegten Melancholie mit am Leben geschulten Humor, aber noch mehr drauf hat, als wahlweise den Anarcho oder die männliche Kratzbürste zu geben, kann man in seiner eigenen kleinen Sendung sehen. Für „Schulz in the Box“ (ProSieben, 23.20 Uhr) wird der gebürtige Hamburger von seiner Redaktion in eine Holzkiste gepackt und hernach an einen Ort verfrachtet, an dem er sich für die nächsten 24 bis 48 Stunden einrichten muss. In der bisher letzten und besten Folge, die heute als Wiederholung läuft, ist das die JVA Hannover.

Spontaneität, Improvisations- und Anpassungsfähigkeit sind also gefragt, und wie Olli Schulz sich bei all dem gebärdet, ist sehenswert. Weil es so ist, wie Fernsehen leider oft nicht daherkommt. Neugierig machend. Leidenschaftlich. Staunend. Wir sehen Olli Schulz bei der Aufnahmeprozedur im Knast (die Vollzugsbeamten sind natürlich eingeweiht, behandeln Schulz aber streng nach Dienstvorschrift wie die echten Häftlinge); wir sehen ihn, wie er sich vorsichtig zum Hofgang begibt; wir erleben mit, wie er behutsam herausfindet, was seine Mitgefangenen auf dem Kerbholz haben – und wir erfahren, wie sich der Arbeitsalltag in der Knast-Wäscherei gestaltet.

Die Art, wie Olli Schulz dann – allein mit einer fest installierten Kamera in seiner acht Quadratmeter großen Zelle – über das Eingeschlossen- und Isoliertsein sinniert, regt zum eigenen Nachdenken an. Und wenn er zum Abschluss seines arrangierten Gefängnisaufenthalts als Dankeschön für die echten Knackis (von denen übrigens keiner sagt, dass er zu Unrecht sitzt) die Gitarre auspackt, bekommt das einen Hauch von Johnny Cash in St. Quentin. Schulz spielt „Koks und Nutten“, einen Song über ein Leben, das komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Die harten Jungs lauschen andächtig, einige sind gerührt. Einer wie Olli Schulz, der Leidenschaft sowohl lauthals auch leise interpretieren kann, tut dem deutschen Farbfernsehen gut.