Theaterhaus Jena Theaterhaus Jena: Horvath im Panoptikum
Jena/MZ. - Mit ihrer Inszenierung von "Kasimir und Karoline"am Theaterhaus Jena geht Claudia Bauer dasProblem von Außen an. Vom Ergebnis her istes schwer zu sagen, ob die Spielleiterin dabeiden Möglichkeiten ihrer Schauspieler misstraute,oder ob der Wunsch, mit dem Publikum zu fraternisieren,die Zügel im Innern schleifen ließ. Letztlichstellt sie ein Panoptikum auf die Bühne undbettet es in korrumpierende musikalische undbildliche Arrangements, zu denen BühnenbildnerRobert Schweer eine praktikable und gleichzeitiginteressante Bildlösung beisteuerte.
Das wäre ein guter Kunstgriff, wenn denn dieMöglichkeiten des Ensembles wirklich so begrenztwären. Doch was schauspielerisch im Einzelnenhinter stark überzeichneten Figuren sichtbarwurde, rechtfertigt diese Mutmaßung nicht.Ein Panoptikum dient der Volksbelustigung.Diese Aufgabe erfüllt die Inszenierung. Esbefinden sich wirklich schöne Momente darinund wenn man nicht die Elle Horvaths anlegt,dann kann das Ganze bei Jung und Alt so wirksamsein, wie weiland eine "Linie 1". Weil aufder Verpackung aber nun einmal Horvath steht,und Horvath Futter für den Schauspieler ist,ist zu fragen, was Schauspieler und Regiedaraus machen.
Wohl wissend, dass die Erstbegegnung mit einemEnsemble dem Kritiker hier Zurückhaltung auferlegt,soll das Sichtbare erörtert werden. Da sindzunächst die Titelhelden Kasimir (ReinaldGrebe) und Karoline (Anita Vulesica). Mitdem arbeitslosen Chauffeur Kasimir tut mansich besonders schwer. Grebe versteckt dieinneren Bewegungen seiner Figur hinter Reglosigkeit.Mit stierem Blick wandert er durch das Stückund er verlässt sich darauf, dass hinter dieserAttitüde Großes gemutmaßt werden kann. Wennihn die Regie zu diesem erfolglosen Spielvielleicht nicht ermunterte, so ist ihr dochvorzuwerfen, dass sie es nicht verhinderte.Einige Ausbrüche nach der Pause lassen allerdingserahnen, dass der Schauspieler zu anderemfähig ist.
Viel besser Anita Vulesicas Karoline. Zwarmacht es ihr die bei Grebe angelegte Grundhaltungschwer, den Zwiespalt ihrer Figur transparentzu halten - weil niemals ersichtlich wird,was diese Karoline an diesen Kasimir bindet- doch da, wo die Schauspielerin die Lebens-und Liebeslust ihrer Figur sichtbar machenkann, hat sie ihre schönen Momente. Einenguten Eindruck hinterließen auch Tjadke Biallowons(Erna) und Frank Benz (Franz). Die Biallowonsweiß mehr als das dumme Blondchen aus ihrerErna herauszuarbeiten und sucht abseits einigerwitziger Posen, den sozialen Gestus ihrerFigur auszuloten. Frank Benz überzeugt - wennauch ein wenig klischeehaft gezeichnet - durchGenauigkeit der Beobachtung und spielerischeUmsetzung. Am auffallendsten wurde der ZuschneiderSchürzinger (Lutz Wessel) in Szene gesetzt.Zwar überzeichnet auch er, indem er seinelinkischen Gesten bis an die Grenzen des Spastischentreibt, doch es gelingt ihm u. a. auch dadurch,seiner Rolle ein tieferes Gepräge zu gebenund deren Nöte plastisch zu machen.
Dies alles war zu sagen, weil nun mal Horvathauf der Verpackung stand. Ließe man diesenAspekt beiseite, bliebe eine interessante,witzige und engagierte Inszenierung, die nachMotiven Horvaths einen sehenswerten und vomPublikum mit großem Applaus bedachten Abendgestaltete.