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Theater Theater: Ein einfühlsamer Interpret der Klassik

02.04.2003, 08:11
Der Regisseur Thomas Langhoff wird am 8. April 65 Jahre alt. Der Berliner Theaterregisseur ist vor allem für seine Inszenierungen klassischer Stücke bekannt. (Foto: dpa)
Der Regisseur Thomas Langhoff wird am 8. April 65 Jahre alt. Der Berliner Theaterregisseur ist vor allem für seine Inszenierungen klassischer Stücke bekannt. (Foto: dpa) Zentralbild

Berlin/dpa. - Er ist ein Feingeist und ein Klassiker-Fan: Wer eine Theateraufführung von Thomas Langhoff besucht, der kann sich sicher sein, das gezeigte Werk wiederzuerkennen. Wo andere Regisseure die Texte gnadenlos auseinander nehmen, verhackstücken und bis zur völligen Entfremdung neu interpretieren, da hat Langhoff Respekt vor dem Werk der Dramatiker von Shakespeare über Strindberg bis Botho Strauß. «Meine Haupttriebfedern sind Entdeckerfreude und der Respekt vor den Werken anderer und den Künstlern, mit denen ich zusammenarbeite», sagt Langhoff. Am 8. April feiert der Regisseur seinen 65. Geburtstag.

«Altmodisch» nennen manche Kritiker Langhoffs vorsichtigen Umgang mit den Theaterstücken. Das Publikum aber mag Langhoffs Klassiker- Inszenierungen, die die alten Werke für die Gegenwart neu aufschlüsseln. «Ich betrachte mich selbst als Entdecker und versuche, in den Texten etwas Neues und für uns Interessantes zu finden», so Langhoff.

Zur Zeit pendelt der Regisseur zwischen Berlin, Wien, San Francisco, München und Wien - und zwischen Theater und Oper. Seit seinem unfreiwilligen Abgang als Intendant des Deutschen Theaters Berlin im Jahr 2001 arbeitet er als freier Regisseur. Langhoff war damals tief getroffen, als der damalige Berliner Kultursenator Peter Radunski (CDU) ihm seinen Vetrag nicht verlängerte und er nach zehn Jahren Intendanz gehen musste. Als Grund für die Nichtverlängerung von Langhoffs Vertrag hatte der Senator angegeben, er wolle eine grundlegende Erneuerung der traditionsreichen, aber verschuldeten Bühne im Ostteil Berlins.

   Nach dem Abschied hat sich Langhoff wieder in die Arbeit gestürzt: Er inszenierte am Münchner Residenz Theater, am Wiener Burgtheater, am Berliner Ensemble und am Berliner Maxim Gorki Theater. Sein Weggang habe einem großen Aufatmen geglichen, sagt Langhoff heute. «Das Gefühl der Freiheit war wunderbar. Man kann sich wieder auf das konzentrieren, was man gerne macht: Kunst. Und man muss sich nicht mehr um die ganzen furchtbaren organisatorischen und ökonomischen Dinge kümmern.» Eines seiner nächsten Projekte ist die Neuinszenierung von Hofmannsthals Stück «Der Unbestechliche», das im Mai im Wiener Akademietheater Premiere haben soll. An der San Francisco Opera bringt Langhoff «Fausts Verdammnis» von Berlioz auf die Bühne.

Der am 8. April 1938 in Zürich geborene Langhoff stammt aus einer der letzten großen Theaterfamilien in Deutschland. Bereits sein Vater Wolfgang Langhoff, in der DDR eine künstlerische und moralische Autorität, war in den Jahren 1946 bis 1963 Direktor des Deutschen Theaters. Dem Erbe seines Vater bleibt der Sohn bis heute treu: Theater soll menschliche Werte vermitteln. Den in Paris lebenden und arbeitenden Bruder Matthias Langhoff zog es ebenso zum Theater wie dessen Tochter Anna sowie Thomas Langhoffs beide Söhne Tobias und Lukas.

   Nach seiner Ausbildung an der Theaterhochschule in Leipzig und Engagements an verschiedenen Bühnen war Langhoff in den 70er Jahren Schauspieler und Regisseur beim DDR-Fernsehen. Mit Inszenierungen von Tschechow, Shakespeare, Kleist und Hauptmann feierte er dann am Deutschen Theater und am Maxim Gorki-Theater Erfolge. Seit 1980 reiste Langhoff immer wieder zu Gastinszenierungen nach Westdeutschland und rückte auch dort in die Riege der ersten Regisseure auf.

   Als feinfühliger Interpret machte er sich einen Namen. Seine wichtigsten Schauspieler waren in den 80er Jahren Ulrich Mühe, Ursula Werner, Anne Bennent («Der einsame Weg», «Und Pippa tanzt!»), Albert Hetterle und Susanne Lothar. Aufsehen erregte seine Inszenierung von Volker Brauns «Übergangsgesellschaft» am Berliner Maxim-Gorki-Theater, das auf der Bühne das Ende der DDR vorwegnahm. Noch als DDR-Erstaufführung zeigte er 1990 George Taboris «Mein Kampf», um ein Zeichen gegen die plötzlich ausbrechende Ausländerfeindlichkeit in der DDR zu setzen. Nach langem Zögern übernahm der Regisseur 1991 dann die Intendanz des Deutschen Theaters. Bereits von dort aus unternahm der immer wieder zum Theatertreffen deutschsprachiger Bühnen Eingeladene Ausflüge auch an andere Theater.